Springer wollen Medaille
Shanghai - Am Vorabend des Weltmeisterschafts-Auftakts genossen die deutschen Wasserspringer und Synchronschwimmerinnen noch eine Schifffahrt vor atemberaubender Wolkenkratzer-Kulisse auf dem Huangpu. Doch spätestens ab der ersten von 66. Entscheidungen der Titelkämpfe in Shanghai ist keine Zeit mehr für Beschaulichkeit.
Während die Schwimm-Stars Britta Steffen und Paul Biedermann mit ihrem Team erst Stunden vor der Eröffnungsfeier in China erwartet werden, sollen die deutschen Wasserspringer schon am Auftakt-Wochenende für die erste von 14 deutschen Medaillen in China sorgen.
Die Turm-Europameister Patrick Hausding/Sascha Klein sind am Sonntag im Synchron-Springen vom Turm heiße Kandidaten auf ihr erstes WM-Edelmetall überhaupt und die erste deutsche Medaille in Shanghai. Die Favoriten aber kommen aus Mexiko und dem Gastgeberland China, das gleich am Sonntag die Weichen auf Sieg in der Nationenwertung stellen will.
Auch beim Synchron-Wettbewerb am Samstag vom Drei-Meter-Brett der Frauen sind die Chinesen favorisiert. Hier gehen Katja Dieckow/Uschi Freitag als erste Sportler des 57-köpfigen deutschen Teams an den Start. "Als erste ist es schon ein bisschen komisch", meinte Freitag, "aber auch cool, die Anspannung ist da und man kann zeigen, was man drauf hat". Das junge deutsche Synchronschwimm-Duo Edith Zeppenfeld und Wiebke Jeske hofft auf einen Platz "möglichst nahe an Rang 20". Das Finale am Montag werden sie wohl nicht erreichen.
In der drückend-schwülen 18-Millionen-Metropole will der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) zwei Medaillen mehr als 2009. Drei DSV-Medaillen sollten golden sein, sagte Lutz Buschkow. Mit sieben goldenen wie in Italien rechnet keiner, dafür soll das Team ein Jahr vor Olympia in London in der Breite stärker sein.
Die Beckenschwimmer um die Doppel-Weltmeister Biedermann und Steffen sind erst in der zweiten Hälfte der bis zum 31. Juli dauernden WM an der Reihe und kommen deshalb später zur Akklimatisierung. Die erste Woche gehört Synchronschwimmerinnen, Freiwasser-Assen und auch den Wasserballern. Gleich den Anfang machen die Wasserspringer, die vor zwei Jahren erstmals seit der Wiedervereinigung leer ausgingen, mit den aussichtsreichen Synchron-Wettbewerben.
"Wenn man abergläubisch wäre, wäre es ein Vorteil. Bei den Olympischen Spielen haben wir auch mit Synchron angefangen", sagte Buschkow, der sich auch vom Wettkampfstätten-Ambiente an Peking erinnert fühlte. Zwei Milliarden Yuan, umgerechnet 220 Millionen Euro, soll der aus drei Sportstätten bestehende Komplex Oriental Sports Center am Expo-Gelände auf der Ostseite des Huangpu-Flusses gekostet haben.
Höchstnoten gab es schon vor der Eröffnungsfeier für die Architektur, beste Haltungswertungen wollen auch Hausding und Klein beim Synchronspringen aus zehn Metern Höhe bekommen. Endlich soll die erste WM-Medaille her, die in Rom auf Rang vier mit nur 0,84 Punkten Rückstand verpasst wurde. "Schlimmer geht es ja gar nicht. Ich will aufs Treppchen oder nicht schon wieder einen Punkt dahinter sein. Dann lieber deutlich sehen, dass es nicht gereicht hat", sagte Hausding, der in der Mittagshitze sichtlich mit Freude seine Sprünge im Crescent-Lagoon-Outdoor-Pool absolvierte und abends viele Erinnerungsbildchen von der Skyline knipste.
Groß ist das Lob schon vor dem WM-Start für Anlagen und Organisation. Im Falle von gelungenen Titelkämpfen dürfte dies für künftige Ausrichter wie die am Freitag verkündeten WM-Städte Kazan (2015) und Guadalajara (2017) ein hoher Maßstab sein. Die hohen Sicherheits- oder Kontrollstandards stellen das DSV-Team derweil auch vor eine "neue Situation", wie Wassersprung-Fachspartenleiter Walter Alt berichtete. "Wir haben die Auflage, Bescheid zu sagen, wenn wir aus dem Hotel gehen, so dass Sicherheitskräfte mit dabei sind." Buschkow berichtete davon, dass in "jeder Etage" des Mannschaftshotels ein Polizist aufpasse.
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