Sportlerwahl: Misstöne bei Biedermann und Babybauch
Bei der Sportlerwahl in Baden-Baden gab es strahlende Sieger, aber auch viel Ärger um Sebastian Vettel und den VfL Wolfsburg, die wenig Interesse für die Gala zeigten und nicht erschienen.
BADEN-BADEN Paul Biedermann ließ sie nicht mehr los. Fast krampfhaft hielt er diese Trophäe fest, allein daran war schon zu sehen, wie viel ihm diese Auszeichnung bedeutete. Die Ehre, zum Sportler des Jahres 2009 gewählt worden zu sein.
Im Kurhaus von Baden-Baden herrschte wie jedes Jahr eigentlich große Harmonie. Die geladenen Festgäste Freude sich mit den Siegern Biedermann und Speerwurf-Weltmeisterin Steffi Nerius, und doch gab es Misstöne. Über Sebastian Vettel etwa, der erneut Zweiter wurde, erst in der Formel 1 hinter Jenson Button, nun bei der Sportlerwahl hinter Paul Biedermann. Er zeigte demonstratives Desinteresse, ließ per Videobotschaft ausrichten, dass er „die Schnauze voll habe vom Zweiter werden“, ansonsten spulte er noch routiniert lieblose Dankesgrüße herunter. Damit sammelte er noch weniger Sympathiepunkte als kürzlich bei seinem bedenklichen Auftritt im ZDF-Sportstudio, als der Frankfurt-Fan Vettel permanent Mainz-Trainer Thomas Tuchel veralberte. Und er trat auch gleich bei seinem ersten Mal das unrühmliche Erbe von Michael Schumacher an. Denn der siebenmalige Champion kam nur bei seinem Wahlsieg 1995, ansonsten blieb er immer fern, selbst beim zweiten Triumph 2004.
Je später der Abend, desto mehr verstärkte sich die Stimmung gegen Formel-1-Piloten und Fußball-Profis, denn dass auch die nur schwer nach Baden-Baden zu bewegen sind, zeigte sich dieses Mal am VfL Wolfsburg, dem Deutschen Meister, der hinter den Fußball-Frauen Zweiter wurde und nicht kam, weil man nicht auf zwei Hochzeiten tanzen wollte. Sondern nur auf der des VfL-Torwarts Diego Benaglio.
Das mochte zumindest ein Grund fürs Fernbleiben sein, als Entschuldigung wollte es DFB-Bundestrainerin Silvia Neid nicht gelten lassen. „Schon schade, dass nicht ein Vertreter aus Wolfsburg hier ist“, murrte sie.
Dass Sportler durchaus in der Lage sind, trotz widriger Umstände zu der Ehrung zu reisen, bewies Maria Riesch. Nach dem Weltcup-Rennen in Val d’Isére am Sonntag fuhr die Slalom-Weltmeisterin mit dem Auto nach Genf, flog von dort mit dem Flugzeug eines Sponsors weiter, konnte aber wegen des Schneegestöbers nicht in Baden-Baden landen, sondern wurde nach Straßburg umgeleitet. Erst eine Viertelstunde bevor sie für ihren dritten Platz geehrt wurde, kam sie im Kurhaus an – um sich dann perfekt gestylt im roten schulterfreien Abendkleid mit ihrem Tattoo, einer Indianerfeder, die sie sich noch als Teenager während ihrer Schulzeit 2003 in Berchtesgaden ins rechte Schulterblatt stechen ließ.
Ein Hingucker wurden auch andere Gäste, frühere Sieger wie Fabian Hambüchen, der 2007 als Reck-Weltmeister die Wahl gewann und am Sonntag Arm in Arm mit Kanuslalom-Weltmeisterin Jasmin Schornberg erschien, die ihn um gefühlte drei Köpfe überragte.
Oder Matthias Steiner, der 2008 die Wahl nicht nur wegen seines Olympiasiegs im Gewichtheben gewann, sondern auch wegen der anrührenden Momente bei der Siegerehrung in Peking, als er das Gold seiner toten Frau widmete. Nun präsentierte er stolz den schwangeren Babybauch (6. Monat) seiner Lebensgefährtin Inge Posmyk, der Nachrichtenmoderatorin auf Kabel eins und ntv.
Am Ende eines langen Abends gab es noch viele Verabschiedungen, man Freude sich schon aufs Wiedersehen im nächsten Jahr. Vettel wird wohl auch dann wieder nicht kommen, selbst wenn er Weltmeister wird und die Wahl gewinnt. Macht aber nichts. Macht vielleicht sogar mehr Spaß ohne ihn.