So war der Frauenfußball 1974
Bärbel Wohlleben, 1974 die erste Torschützin des Monats, erinnert sich an „viele Spötteleien“.
Ingelheim - Noch immer kann es Bärbel Wohlleben nicht lassen. Fußball ist eben eine Leidenschaft, die ein Leben lang fesseln kann. So trainiert die 67-Jährige heute noch die Mädchen in ihrem Heimatverein SpVgg Ingelheim und beim SV Gau-Algesheim, steht von Montag bis Donnerstag jeden Tag auf dem Sportplatz. Viele der jungen Fußballerinnen wissen gar nicht, wer ihnen da das Passen, Stoppen und Schießen beibringt: Zur nationalen Berühmtheit brachte es nämlich ein Weitschuss von Bärbel Wohlleben am 8. September 1974, als der TuS Wörrstadt gegen Eintracht Gelsenkirchen-Erle das erste offizielle Endspiel um die deutsche Frauenfußball-Meisterschaft mit 4:0 gewann. Der geschichtsträchtige Volltreffer schaffte es damals bei der ARD-Sportschau in die Auswahl zum Tor des Monats – und setzte sich in der Abstimmung prompt gegen Kudi Müller, Wolfgang Seel, Heinz Simmet und Rüdiger Abramczik durch.
Dadurch hätten die Menschen in Deutschland erstmals zur Kenntnis genommen, „dass eine Frau in der Lage ist, aus 20 Metern ins Tor zu schießen“. Ohne Verbitterung erzählt Bärbel Wohlleben von den schwierigen Anfängen. „Es gab viele Spötteleien“, viel zu lange habe das Fernsehen auch nur belustigende Berichte mit verunglimpfenden Bildern gezeigt. „Die Männer hat vor allem Schaulust zu uns getrieben – die wollten weibliche Figuren auf dem Platz rumhüpfen sehen.“
Was wohl auch daran lag, dass der DFB das Frauenfußballverbot erst am 30. Oktober 1970 beim DFB-Bundestag in Travemünde kippte. „Uns hat der DFB nicht unbedingt aus Überzeugung aufgenommen, sondern weil er Angst hatte, dass wir einen Konkurrenzverband gründen könnten“, erzählt Bärbel Wohlleben. Sie beklagt immer wieder, dass es in dieser Zeit noch keine Frauen-Nationalmannschaft gab. „Als wir 1970 ein inoffizielles Länderspiel gegen Italien in Wörrstadt gemacht haben, waren fast 5000 Leute da – leider hat uns der DFB danach diese Partien untersagt."
Zur ersten inoffiziellen WM 1981 nach Taiwan landete die an den DFB gesandte Einladung beim amtierenden Deutschen Meister SSG Bergisch-Gladbach, der prompt zusagte und das Turnier gewann. Natürlich gab es in dieser Zeit für Fußballerinnen noch kein Geld zu verdienen, „wir bekamen sieben Pfennig Kilometergeld für die Anfahrt zu Training und Spiel und die Schmuckschatulle für die Meisterschaft habe ich besorgt“, erinnert sich Bärbel Wohlleben. Sie findet es nun vollkommen in Ordnung, dass die aktuellen Nationalspielerinnen für den Titelgewinn 60.000 Euro Prämie bekommen und freut sich auf die WM. Seit Jahren schaut sich Bärbel Wohlleben im Fernsehen lieber Frauen- statt Männerfußball an. „Wenn ein Mann den Blick für die sportliche Qualität hat, wird er erkennen, dass Frauenfußball im Allgemeinen viel attraktiver als Männerfußball ist. Dort stören mich die linken Touren, die vielen Unehrlichkeiten, Schwalben und Schauspielereien. So etwas sehen sie im Frauenfußball so gut wie gar nicht.“
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