Snowboarder Elias Huber im AZ-Interview: "Ich will zu viel - schieße oft über das Ziel hinaus"
AZ: Herr Huber, am Wochenende haben Sie Heimspiel: Snowboard-Weltcup am Götschen bei Berchtesgaden. Sie kommen gerade erst aus einer Verletzung - was war kaputt?
ELIAS HUBER: Ende Juli musste ein drei Zentimeter großer Knochensplitter aus dem Knie entfernt werden. Mitte September konnte ich wieder gehen. Da hatte ich natürlich das Sommertraining verpasst. Aber jeder hat mir gesagt: "Sei froh, dass du nach der Verletzung wieder ohne Schmerzen fahren kannst!" Letzte Woche habe ich Ein-Bein-Sprünge gemacht: viel höher und dynamischer als vor einem Jahr.
Snowboarder Huber ist mit seiner Leistung bei der WM sehr zufrieden
Dafür dass Sie so lange verletzt waren, haben Sie schon wieder viele Rennen bestritten.
Im November war ich erstmals auf Schnee, das Comeback war dann Anfang Januar in Scoul: Fahrerisch war ich wieder gut drauf, aber vom Kopf her noch nicht da. Ich wollte zu viel. Das ist generell mein Problem: Dass ich nicht das bringe, was ich könnte, weil ich oft noch übers Ziel hinausschieße.
Bei der WM in Slowenien vor zwei Wochen lief es ordentlich.
Da konnte ich zwei solide Läufe abliefern: zwei Mal Platz 23. Damit bin ich nach der kurzen Vorbereitung mehr als zufrieden. Und jetzt freue ich mich auf den Heim-Weltcup!
Mit fünf auf den Skiern, mit sechs auf dem Snowboard unterwegs
Den ersten nach vielen Jahren.
1999 war hier mal einer - da bin ich auf die Welt gekommen.

Haben Sie am Götschen Ihre ersten Schwünge gemacht?
Nein, zehn Kilometer weiter an einem Hügel in der Oberau. Erst auf Skiern, mit fünf. Mit sechs bin ich aufs Board umgestiegen, weil meine Eltern Snowboarder sind. Mit acht hab' ich am Götschen den ersten Pokal gewonnen, als Dritter - es waren aber nur vier am Start. Ab zehn hab' ich mich dann auf Race-Snowboard konzentriert. Das Start-Gate jetzt in der vertrauten Umgebung zu sehen: Das wird cool!
Versprechen vom Kletter-Ass und Papa Thomas Huber: "Er macht nichts Unkalkuliertes"
Ihren Vater Thomas kennt man weniger als Snowboarder, sondern als eine Hälfte der "Huberbuam", dem weltbesten Kletter-Brüderpaar. Wie geht man mit einem Vater um, der sich ein Leben über dem Abgrund ausgesucht hat?
Ich hab' einen richtig coolen Vater. Wir verstehen uns echt gut, alles ziemlich lässig. Aber als Kind, wenn er auf Expedition gefahren ist, hab' ich schon Angst gehabt. Und jetzt ist es immer noch so. Nun ist einem ja erst bewusst, was da alles passieren kann, wenn man mal selbst in den Bergen war. Er hat mir ein Versprechen gegeben: Er macht nichts Unkalkuliertes. Das schließt schon mal ganz viel Risiko aus. Jetzt ist er ja ein bissl älter. Hat aber immer noch ziemlich große Ziele.
Was für Ziele hat er noch?
Ein paar Berge in Pakistan, ganz schöne Hausnummern.

Nennen Sie mal eine Zahl!
7000er. Saugefährliche Berge.
Vom Absturz seiner Vaters erfuhr Elias Huber in der Schule
Vor fünf Jahren stürzte Ihr Vater bei Filmaufnahmen an einer Felswand am Brendlberg nahe Berchtesgaden 16 Meter im freien Fall ungesichert ab und erlitt eine Schädelfraktur.
Das war krass. Ich war in der Schule, meine Oma ist an dem Tag am Herz operiert worden. Dann sah ich, dass von zu Hause jemand angerufen hatte. Ich dachte gleich: Scheiße, da stimmt was nicht! Dann hat mir meine Mutter erzählt, dass der Papa runtergefallen ist. Das war heftig. Zum Glück kam die Entwarnung gleich dazu, dass er schon operiert worden war und es ihm einigermaßen gut ging. Er war in der Früh gefallen, ich hab's aber erst nach der Schule um zwei Uhr mitbekommen - ich wär' ja in der Schule durchgedreht.
Wie ist es passiert?
Ein Leichtsinnsfehler: Er hat beim Abseilen das Seilende übersehen. Aber der Papa ist halt ein Kämpfer, der auch viel über Verletzungen sagen kann. Wenn man den anschaut: Der ist komplett zusammengeflickt. Er hat mir bei meiner Verletzung extrem geholfen, hat mich zu den Ärzten gefahren, mir gut zugeredet: "Du brauchst ein Ziel!" Das Ziel war: die WM mitfahren. Sein Ziel war: nach Pakistan fahren. So ist er drei Wochen nach seinem Schädelbruch mit mir die Watzmann-Ostwand geklettert. Ich hab' gesagt: "Du spinnst!" Ein paar Wochen später ist er nach Pakistan.
Gemeinsam mit dem Vater in der Boulderwand
Unfassbar.
Er sagt: "Wenn du eine Verletzung hast, brauchst du ein hohes Ziel, damit dein Körper und dein Kopf arbeiten, um dieses Ziel zu erreichen." Bei mir war das auch so: Ins Krankenhaus kannst du noch gehen, aber dann liegst du mit dem operierten Hax im Bett und denkst, du kannst dich nicht mehr bewegen. Da brauchst du was, worauf du hinarbeiten kannst.
Das heißt, Sie klettern auch mal mit Ihrem Vater?
Er hat daheim eine Boulderwand, da hängen wir dann schon mal zusammen drin.
Er sagt aber auch: "Wenn ich gehe, dann gehe ich, wie eine Maschine." Heißt: Wer nicht mitkommt, hat Pech gehabt.
Naja, mittlerweile komme ich schon mit. Er wird ja auch nicht mehr jünger. Obwohl er schon brutal schnell am Berg ist.
Hubers Ziel: Einer der besten Race-Snowboarder werden
Sie haben zwei Geschwister: Bruder Amadeus und Schwester Philomena. Sind die auch am Berg unterwegs?
Mein Bruder war Snowboarder, hat aber vor zwei Jahren aufgehört, weil er mehr daheim sein wollte. Meine Schwester ist im Klettern gut dabei, hat auch die Voraussetzungen dafür: groß, leicht, brutale Fingerkraft.
"WM mitfahren" ist abgehakt, wie lautet Ihr nächstes Ziel?
Einer der besten Race-Snowboarder werden. Dafür tue ich alles.
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