Schwimm-Debakel: Im Becken brennt's

London - Mal gingen sie unter, mal soffen sie ab, dann sprach man von einem Waterloo: Es klang ziemlich dramatisch, was über die Auftritte der deutschen Schwimmer nach dem ersten Olympia-Wochenende zu hören war. Dazu immer im Bild: Paul Biedermann und Britta Steffen, Traumpaar des Schwimmsports, die als größte deutsche Goldhoffnungen nach London gereist waren. Und erst einmal enttäuschten: Steffen schied am Samstag mit der Staffel über 400 Meter Freistil als Neunte aus, Biedermann scheiterte über 400 Meter Freistil als 13. im Vorlauf.
Und die Schuldigen schnell waren schnell gefunden: Die Trainer hatten sich verzockt. Weltrekordler Biedermann experimentierte mit einer neuen Taktik, Doppel-Olympiasiegerin Steffen sollte für die weiteren Wettkämpfe Kräfte sparen. „Das sind alles erfahrene Mädels”, echauffierte sie Schwimm-Expertin Franziska van Almsick in der ARD über die Frauenstaffel. „Das darf eigentlich nicht passieren. Ich verstehe nicht, warum man Kraft sparen will. Wir sind hier bei den Olympischen Spielen.” Zu Biedermann meinte Almsick: „Er ist wahnsinnig verunsichert. Man sieht ihm an, dass er selber nicht weiß, warum es nicht funktioniert. Er wirkt sehr verkrampft.”
Leistungssportdirektor Lutz Buschkow kritisierte die eigenen Trainer: „Man kann bei Olympischen Spielen keinen einzigen Lauf taktisch schwimmen, dazu reicht der Leistungsstand nicht aus”, sagte Buschkow am Sonntag im Aquatics Centre: „An der Stelle haben wir Fehler gemacht, die nicht unbedingt nötig waren. Man muss jedes Rennen machen, als wenn es das letzte sein kann. Solche Fehler sollte man nur einmal machen.” Die Lage schien so ernst als ob man schon die Feuerwehr in die olympische Schwimmhalle rufen müsste: Im Becken brennt’s.
Buschkow hatte am Samstag zu einer Krisensitzung geladen, bei der die Fehler deutlich angesprochen wurden. Danach sieht er seine Schwimmer wieder auf einem besseren Weg. „Die Mannschaft hat den Ernst der Lage erkannt”, sagte er. Am Sonntag lief es für Biedermann wenigstens etwas besser: Über 200 Meter Freistil qualifizierte er sich (wenn auch nur als Zehnter) für das Halbfinale. Für einen Lichtblick sorgte die 4x100 Meter Freistilstaffel der Männer, die mit deutschem Rekord als Fünfte ins Finale schwamm. Schlussschwimmer Marco di Carli: „Die Taktik war: Volle Rotze, jeder bis zum Anschlag.”