Schöner, schneller, Sailer

Die beste Sprinterin Europas kommt aus Kempten, trainierte einst in München und ist nun die große Hoffnungsträgerin der deutschen Leichtathletik: „Jung, hübsch, unverbraucht, natürlich, erfrischend.“
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Europas Sprintkönigin: Verena Sailer.
dpa Europas Sprintkönigin: Verena Sailer.

Die beste Sprinterin Europas kommt aus Kempten, trainierte einst in München und ist nun die große Hoffnungsträgerin der deutschen Leichtathletik: „Jung, hübsch, unverbraucht, natürlich, erfrischend.“

BARCELONA Die Krönung der Verena Sailer zu Europas neuer Sprintkönigin war von vielen Tränen begleitet. „Ich habe gleich nach dem Lauf meinen Freund angerufen, aber kein Wort verstanden, weil er vor Freude so geweint hat, und dann habe auch ich geweint“, sagte die 24-Jährige, die bei der EM in Barcelona sensationell Gold über die 100 Meter ersprintet hat. Erst lachte Sailer, dann weinte sie. Und schließlich lachte und weinte sie gleichzeitig.

Sie war mit ihren Freudentränen nicht allein. Aus Kempten bekam sie eine SMS. „Ich habe geweint vor Freude“ hieß es da. Der Absender: Silvia Reich-Recla. Sie ist Abteilungsleiterin des TV Kempten 1856, bei dem die schöne Verena ihre Karriere begann. Im Alter von 13 Jahren war Sailer mit ihrer Mutter von ihrem Geburtsort Illertissen im Allgäu nach Kempten gezogen und hatte sich beim TV angemeldet. „Verena war auch eine sehr gute Mehrkämpferin. Sie war immer sehr zielstrebig, war nie zickig, hat nicht gegen die Trainer aufbegehrt. Sie hat eine echte Herzlichkeit in sich“, sagt Reich-Recla, „sie ist aber auch sehr zurückhaltend und findet vielleicht nicht immer sofort die Worte, um sich so auszudrücken, wie sie es will.“

In Kempten traf sie auch Trainer Valerij Bauer, der sofort Sailers Sprinttalent entdeckte. Zusammen mit seiner Ehefrau Ella, die Physiotherapeutin ist, betreut Bauer die Sprint-Queen seit zehn Jahren. Erst in Kempten, dann in Fürth und München, nun in Mannheim. „Ohne ihn geht bei mir gar nichts“, sagt Sailer. So macht sie vor jedem Start einen Probestart, schaut danach zu Bauer, der sich immer an der Startlinie positioniert. Dann gibt er Sailer, die sich vor jedem Rennen schminkt, das Daumen-hoch-Signal. Ein Ritual, das die Allgäuerin braucht. „Es gibt mir Kraft“, sagt sie. Und Bauer beschreibt seinen Schützling so: „Sie ist eben ein Frau. Wenn man das zu nehmen weiß, dann ist sie sehr stark im Kopf.“

Im Jahre 2009, nachdem sie der deutschen 4x100-Meter-Staffel bei der WM in Berlin als Schlussläuferin Bronze gesichert hatte und danach gestolpert war („Dafür habe ich mich gerne auf die Schnauze gelegt“), wurde sie in Kempten zur Sportlerin des Jahres gewählt. Bei der Ehrung in der Stadthalle entrollten die alten Teamkameraden das Banner „Verena Sailer – Europameisterin 2010“. „Sie hat sich unglaublich darüber gefreut“, sagt Reich-Recla – und den Traum nun wahr gemacht.

Eine deutsche Sprintkönigin gab es seit 20 Jahren, seit Katrin Krabbe im Jahre 1990, nicht mehr. Damit ist Sailer, die an der Fachhochschule Erding Sportmarketing studiert, natürlich auch mit einem Schlag – pardon, mit einem Lauf – für die Werbewelt interessant. „Sie ist jung, hübsch, hat eine gute Figur, ist unverbraucht, natürlich und erfrischend. Das sind alles Attribute, die gut zu vermarkten sind“, sagt Marketing-Experte Hartmut Zastrow, Geschäftsführer von „sport + markt“, „Eine Goldmedaille im Sprint, das gab es ja schon lange nicht mehr, das hat immer noch den Flair des Besonderen. Zwar ist die Leichtathletik insgesamt eher auf einer Talfahrt, aber sie kann werbetechnisch sicher in die Dimensionen einer Sina Schielke vorstoßen.“

Die schöne Sina war mehrfach deutsche Sprint-Meisterin, große internationale Erfolge feierte sie aber nur bei den Juniorinnen, trotzdem war sie, die sich auch für den Playboy entblätterte, lange „Everbody’s Darling“. „Dabei waren ihre Leistungen überschaubar“, sagt Deutschlands Zehnkampf-Legende Frank Busemann, Silbermedaillengewinner bei Olympia 1996. „Wenn es wirklich nach Leistung ginge, müsste die Sailer im Vergleich zur Schielke Multimillionärin sein. Ich hoffe, dass die Verena es schafft, sich auf dem Werbemarkt durchzusetzen. Sie ist eine Ausnahmesportlerin.“

Und nur als die will sie sich präsentieren, freizügige Fotos im „Playboy“ wird es nicht geben. „Für so was bin ich die Falsche“, sagt sie, „ich bin nicht so extrovertiert.“

Aber dafür erfolgreich. Schöner, schneller, Sailer eben.

Matthias Kerber

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