Safina: Kleine Schwester ganz groß

Dinara Safina hat bei den Australian Open erstmals das Finale erreicht - und ist endgültig aus dem Schatten ihres großen Bruders Marat Safin getreten.
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Hat ihren großen Bruder Marat Safin im Tennis überflügelt: Dinara Safina.
dpa Hat ihren großen Bruder Marat Safin im Tennis überflügelt: Dinara Safina.

MELBOURNE - Dinara Safina hat bei den Australian Open erstmals das Finale erreicht - und ist endgültig aus dem Schatten ihres großen Bruders Marat Safin getreten.

Als Marat Safin beim Hopman Cup in Perth erstmals seine Rücktrittsabsichten verkündete, hat er Anfang Januar auch einen Blick in die Zukunft geworfen. Schon bald werde man ihn „Dinaras Bruder“ nennen, sagte der Russe mit seinem typischen Grinsen, „die Zeiten, da sie Marats Schwester war, sind vorbei.“ Seine Schwester Dinara, die daneben saß, nahm es still zur Kenntnis.

In Melbourne kann man nun die neue Hackordnung im Hause Safin eindrucksvoll bestaunen, den Aufstieg von Dinara zur Big Sister: Während Marat, der Ältere, die Grenzen seiner Kraft und Macht gegen Maestro Roger Federer zu spüren bekam und längst entschwunden ist, steht Dinara, die Jüngere, am morgigen Samstag erstmals im Endspiel der Australian Open – nach ihrem 6:3, 7:6 über Landsfrau Wera Zwonerewa. Sie kämpft auf einer der vier größten Bühnen der Welt gegen Serena Williams, die neunmalige Major-Gewinnerin. Und sie kämpft um Platz eins der Rangliste, um den Gipfelplatz, den ihr Bruder vor gut acht Jahren einmal eingenommen hatte, in seinen Glanzzeiten. „Es kann der größte Tag meines Lebens werden“, sagt Safina, die langsam, aber stetig nach oben kletterte im Wanderzirkus der Damen. Eine Überfliegerin wie der junge Marat war und ist sie nicht. Sie steht für harte, beständige, solide Arbeit. Für Kraft und Power. Für Athletik, für Dynamik.

Sie wird jetzt endlich als selbstständige Größe wahrgenommen, nachdem sie lange übersehen und als kleine, blasse Schwester abgekanzelt worden war. „Noch vor einem Jahr“, sagt Dinara, „bin ich bei den Turnieren über die Anlage gegangen und habe gehört, wie die Leute sich zuraunten: Du, kennst du die? Das ist doch Marats Schwester.“ Heute, sagt Dinara, „ist das vorbei.“ Emanzipiert hat sie sich vom übermächtigen Bruder („Er ist immer noch mein Idol“) seit jenen schönen Tagen des Jahres 2008 in Berlin, bei den inzwischen verblichenen German Open. Sie kam mit durchwachsener Bilanz in die deutsche Hauptstadt, doch dann kamen die Siege über Justine Henin, Serena Williams und Jelena Dementiewa im Viertelfinale, Halbfinale und Endspiel. Das war der Durchbruch, die Initialzündung. „Plötzlich glaubte ich an mich“, sagt Safina.

Noch immer fehlt ihr aber der durchschlagende große Coup. Doch nach dem Scheitern in den Finals der French Open 2008 (gegen Ana Ivanovic) und der Olympischen Spiele in Peking (gegen Dementiewa) will sie nun in Melbourne den entscheidenden Schritt weiter gehen und einen Grand Slam-Sieg landen – ganz in der Tradition des Bruders, der zwei Mal siegte, einmal bei den US Open 2000, einmal in Melbourne 2005: „Ich hab´ ihm versprochen, dass ich in diesem Jahr einen Titel hole. Warum nicht gleich in Melbourne?“

Leicht war ihre Karriere im ewigen Schatten des glamourösen Bruders nicht. War Marat das Tennistalent in die Wiege gelegt, musste Schwester Dinara sich alles schwer und zäh erkämpfen. Ihrem Bruder ist sie allerdings ähnlicher als sie es selbst manchmal wahrhaben will. Sie kann genau so jähzornig sein wie er, sie kann genau so lauthals mit Schieds- und Linienrichtern diskutieren, und sie neigt zu jähen, spontanen Entscheidungen aus dem Bauch heraus. Sie hat es jetzt und gerade noch rechtzeitig geschafft, die Fixierung auf den Bruder und dessen Ratschläge zu beenden und eigene Wege zu gehen. Mit dem Kroaten Zeljko Krajan scheint sie nach langem Suchen den richtigen Trainer an ihrer Seite zu haben, einen Übungsleiter, der auch mehr Kreativität und Intuition ins Spiel brachte. Bloßes Powerplay reicht nicht, schon gar nicht, wenn auf der anderen Seite eine wie Serena Williams steht. Eine, die noch härter schlägt als man selbst. „Ich muss auch mit Köpfchen spielen“, sagt sie.

Jörg Allmeroth

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