Sachenbacher watscht ihren Trainer ab: Wer ist Behle?
Erst Gold, dann Groll: Wie Evi Sachenbacher nach ihrem Triumph den Langlauf-Bundestrainerabwatscht. „Ich nehme seine Kritik nicht wahr.“
WHISTLER Die Gattin, drängte. Eineinhalb Stunden nach dem Rennen stand Johannes Stehle noch mit der AZ beim Gespräch zusammen, als die Gattin Druck machte. „Schatzi, kimm“, rief sie ihrem Ehemann zu, „i muass geh'.“ Johannes Stehle sprach seinen Satz zu Ende, dann stürmte er zu seiner Frau, umarmte sie, busselte sie ab, und dann trug er sie vor sich her aus dem Zielraum des Langlaufstadions von Whistler.
Alles wirkte wie eitel Sonnenschein nach dem Triumph von Evi Sachenbacher-Stehle mit Claudia Nystad im Teamsprint. „A great race on a nice day“, schmunzelte Sachenbacher bei der Pressekonferenz. Auch am Abend bei der Siegerehrung und später im Deutschen Haus kicherten Sachenbacher und Nystad um die Wette. Mei, war des schee.
Nur beim Thema Jochen Behle war es nicht mehr ganz so harmonisch. Erst Gold, dann Groll.
Denn nach den schlechten Ergebnissen in den ersten Langlaufbewerben hatte Behle auf seine Frauen mächtig eingeprügelt. Verbal zumindest. Das macht er grundsätzlich bei jeder Großveranstaltung, so auch in den vergangenen Jahren während den Weltmeisterschaften in Liberec und Sapporo. Und auch diesmal polterte er am Samstag, zwei Tage vor dem Gold-Triumph, dass die Frauen zu wenig trainiert hätten, 200 Trainingsstunden würden fehlen: „Wenn die Grundlage nicht da ist, kann nicht mehr rauskommen. Wir können nur an die Weltspitze zurückkommen, wenn die Athletinnen auch mitziehen."
Sind die Frauen zu bequem, zu träge, zu trainingsfaul?
Kritik, die für Sachenbacher in den letzten acht Jahren unter Behle inzwischen bereits Routine geworden ist. „Ich lese das gar nimmer“, sagte sie, „ich nehme seine Kritik gar nicht mehr wahr.“ Das saß. Und es wurde noch besser, am Abend legte Sachenbacher nach: „Damit haben wir uns gar nicht beschäftigt, wir sind das ja schon gewohnt, dass bei jedem Höhepunkt was kommt vom Jochen.“ Dann nahm sie ihre Hände, deutete auf ihre Ohren links und rechts und sagte: „Das geht da rein und da wieder raus.“ Gelassener kann man seinen Trainer nicht auflaufen lassen, in dem man ihn gar nicht mehr ernst nimmt und bei seinen Rundumschlägen einfach auf Durchzug stellt. Diesmal hieß es also nicht „Wo ist Behle?“ (dieser verzweifelte Ruf des ZDF-Reporters Bruno Moravetz machte den damaligen Langläufer ja berühmt), sondern: Wer ist Behle?
Auch Peter Schlickenrieder, der 2002 in Salt Lake im Sprint Olympia-Silber gewann, rügte Behles Verhalten. „Es ist völlig unnötig, dass er immer während einer Großveranstaltung draufhaut", sagte er nach dem Zieleinlauf der AZ, „das kann er immer noch machen, wenn die Spiele gelaufen und Erfolge ausgeblieben sind. So ist es an der Zeit, dass er sich entschuldigt bei den Mädls.“
Daran dachte Behle freilich nicht. Auf die Kritik von Schlickenrieder, immerhin Vizepräsident beim DSV, murrte der Bundestrainer nur: „Ich weiß nicht, ob er das beurteilen kann. Er ist einer dieser sogenannten Experten, die viel zu weit weg sind vom Team und keinen Einblick haben."
Aber wie ist es wirklich?
Als die AZ bei Claudia Nystad nachfragte, ob sie denn mit Behle nicht auch einmal darüber geredet hätten, was das ewige Herumnörgeln soll, sagte sie nur: „Doch, haben wir. Oft. Er sagt uns dann immer, er sagt das gar nicht.“ Tut er aber. Nystad weiter in die Journalistenrunde: „Dann denken wir uns immer, dass Ihr Euch das ausgedacht habt, dann können wir gut leben damit.“ Solange es hilft, dass sie Gold holen, sollen sie sich diese Illusion ruhig bewahren.
Evi und Claudia – ein goldiges Paar. „Wir haben eine starke Verbindung zueinander“, sagte Nystad, die von Sachenbacher bei der Siegerehrung innig in den Arm genommen wurde. „Die Evi ist eine ganz ganz Liebe", sagte Nystad noch, worauf Sachenbacher einstimmte: „Die Claudia aber a.“ Über Behle wird sie das nie sagen.
Der wird nie Evis Schatzi.
Florian Kinast
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