Interview

Regina Halmich: "Der Kampf zwischen Fury und Joshua wird im Kopf entschieden"

Das Duell der Boxweltmeister Tyson Fury und Anthony Joshua ist endlich fix. In der AZ spricht Deutschlands Box-Queen Regina Halmich über den Fight, männliche Vorbilder - und ihren Favoriten.
von  Matthias Kerber
"Für mich sind beide echte Vorbilder", sagt die einstige Box-Queen Regina Halmich über die Weltmeister Tyson Fury und Anthony Joshua, die Mitte des Jahres gegeneinander antreten.
"Für mich sind beide echte Vorbilder", sagt die einstige Box-Queen Regina Halmich über die Weltmeister Tyson Fury und Anthony Joshua, die Mitte des Jahres gegeneinander antreten. © Uli Deck/dpa

München - AZ-Interview mit Regina Halmich: Die jetzt 44-Jährige war von 1995 bis zu ihrem Karriereende 2007 Boxweltmeisterin im Fliegengewicht. Sie arbeitet unter anderem als Expertin im Fernsehen.

AZ: Frau Halmich wie sehr haben Sie, die langjährige Weltmeisterin und Box-Expertin, dieser Nachricht, dass der Megakampf zwischen den Weltmeistern Tyson Fury und Anthony Joshua endlich zustande kommt, entgegengefiebert?
REGINA HALMICH: Sehr und das sicher über ein ganzes Jahr. Mir war immer klar, dass es seine Zeit dauern wird, weil beide Seiten natürlich noch mit anderen Kämpfen vorher Geld verdienen wollen, aber irgendwann ist der öffentliche Druck so groß, dass es gar nicht mehr geht. Das ist der Fight, den alle Box-Fans weltweit sehen wollen, beide sind in der besten Phase ihrer Karriere. Ich bin sicher, dass es ein Megafight wird, ob es auch ein schöner Kampf wird, das muss sich erst zeigen, das hängt von den Stilen der Kämpfer ab. Und es gibt nicht viele Boxer, gegen die es unbequemer, unangenehmer ist als gegen Tyson Fury.

Wladimir Klitschko, der über ein Jahrzehnt das Schwergewicht dominiert hat, kann davon ein Klagelied singen, Fury hat ihn 2015 entzaubert.
Absolut. Ich muss zugeben, ich habe Fury auch lange nicht wirklich ernst genommen, habe gedacht, "was ist denn das für ein Kasper?" Was für ein Clown. Aber ich habe meine Meinung da total geändert. Fury hat es wirklich drauf. Er ist riesig groß, mit enormer Reichweite, zudem ist er für seine Größe unglaublich schnell auf den Beinen. Und er ist taktisch top. Er kann jeden Gegner richtig, richtig schlecht aussehen lassen. Er ist der abgebrühteste Boxer weit und breit - und er beherrscht das Spiel mit der Psyche seines Kontrahenten zur Perfektion. Und da hat Joshua so seine Schwächen.

Tyson Fury jubelt nach seinem Kampf gegen Deontay Wilder im Staples Center.
Tyson Fury jubelt nach seinem Kampf gegen Deontay Wilder im Staples Center. © Chris Farina/ZUMA Wire/dpa

Das müssen Sie erläutern?
Joshua ist einer, der denkt viel - manchmal vielleicht zu viel. Und nach seiner K.o.-Niederlage gegen Andy Ruiz weiß er eben auch, dass er ausgeknockt werden kann. Das steckt man nicht so leicht weg, denn im Schwergewicht kann jeder zuhauen. Auf jeden Fall freue ich mich auf diesen Kampf, die Boxwelt hat darauf gewartet. Ich bin sicher, dass alle beiden in absoluter körperlicher Topverfassung in den Ring steigen werden. Es wird keinerlei Ausreden geben. Der Bessere wird gewinnen. Und eigentlich gibt es bei diesem Kampf schon jetzt ausschließlich gewinnen. Es wird sicher Rekordumsätze geben.

Siegerpose: Anthony Joshua nach seinem Kampg gegen Andy Ruiz.
Siegerpose: Anthony Joshua nach seinem Kampg gegen Andy Ruiz. © picture alliance/dpa/PA Wire

Ihr Favorit?
Ich kann mir gut vorstellen, dass dieser Kampf im Kopf entschieden wird, da sehe ich die Vorteile bei Fury. Aber ich kann mir auch gut vorstellen, dass Joshua klar nach Punkten hintenliegt, aber am Ende noch einen Schlag rauszaubert, der den Kampf entscheidet. Denn Schlagkraft hat er zweifelsohne. Ich bin selber sehr, sehr gespannt auf diesem Fight. Mein Favorit ist aber Fury.

Wie Sie schon sagten, danach wird man wissen, wer der beste schwere Junge ist.
Ja. Aber ich kann jetzt schon sagen: Für mich sind beide echte Vorbilder. Joshua ist ein Modellathlet. Seinem Körper allein sieht man ja schon an, mit wie viel Hingabe er den Boxsport lebt. Er kann sich ausdrücken, hat Manieren, ist intelligent. Da erinnert er an Wladimir Klitschko. Und Fury hat die Show in das Boxen zurückgebracht. Aber er ist eben kein Clown ohne Substanz, sondern einer, der zwar Show macht, aber eben auch das Können dazu hat. Und seine Vita macht ihn nur noch interessanter.

Fury leidet von Jugend an unter teils schweren Depressionen, er wird immer wieder von Suizidgedanken geplagt.
Ich habe mir seine Autobiografie zu Weihnachten gewünscht und dann auch gleich verschlungen. Es ist Wahnsinn - und auch wirklich sehr, sehr traurig - was er in seinem Leben mitgemacht hat. Dass er das alles überwunden hat und jetzt als Vorbild für andere Menschen mit psychischen Problemen agiert, nötigt mir den allergrößten Respekt ab. Er ist wirklich durch die Hölle gegangen. Wer das überstanden hat, der hat eben diese innere Stärke - auch im Kopf -, die Fury auszeichnet. Er und Joshua gehören zu den Großen dieser Zeit, keine Frage.

Zu den Größten aller Zeiten gehörte Box-Legende Marvelous Marvin Hagler, der gerade mit nur 66 Jahren verstorben ist.
Ich habe Hagler vor wenigen Jahren beim Laureus-Award persönlich kennenlernen dürfen. Er war auch ein wirklich sehr, sehr toller Mensch, eine echte Persönlichkeit. Das hat man sofort gemerkt. Sein Tod macht mich sehr traurig, der Boxsport hat eine seiner Legenden verloren. Wenn man sich nur den Kampf zwischen Hagler und Thomas Hearns aus dem Jahre 1985 anschaut: Diese drei Runden gehören zum Besten, was diese Welt im Boxen jemals gesehen hat.

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