Prevc zu stark: Freund wird Zweiter am Bergisel
Trotz famoser Leistungmusste sich Severin Freund am Sonntag in Innsbruck wieder seinem ärgsten Konkurrenten Peter Prevc geschlagen geben. Der Tourneesieg ist kaum noch möglich.
Innsbruck - Severin Freund blickte die von ihm nie geliebte Schanze des Bergisel hinunter. Dorthin, wo er im Probedurchgang des dritten Springens dieser Vierschanzen-Tournee zwar zur Bestweite von 129 Metern gesegelt war, den Sprung aber nicht hatte stehen können. Ein Schockmoment, denn Freund war dabei mit dem Hinterkopf auf den Boden geknallt, hatte sich überschlagen.
Dann zog er den Kinnriemen fest, die Kiefer mahlten, dann stieß er sich los. Und um die Mundwinkel spielte ein leichtes Lächeln. Frei nach dem Motto: Dir werde ich es zeigen. Leichte Prellungen, die er sich bei dem Sturz zugezogen hatte, können einen Freund doch nicht davon abhalten, sich mit der Schanze wieder anzulegen.
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Und er zeigte es allen. Der Schanze, den Fans, sich selbst. Freund sprang im ersten Durchgang mit 122,5 Metern auf den dritten Rang und setzte im entscheidenden Durchgang noch einen drauf – 128 Meter! Das reichte am Ende in Innsbruck, wo er noch nie auf dem Stockerl gestanden war, für Platz 2. Er musste sich nur seinem großen Konkurrenten, dem slowenischen Überflieger Peter Prevc geschlagen geben.
Der knackte mit 132 Metern im 2. Sprung als Einziger des Tages die 130-Meter-Marke. Der Tagessieg mit 11,1 Punkten Vorsprung – und die überlegene Führung von 19,7 Zählern vor dem abschließenden Springen am Mittwoch (17.00 Uhr, ARD) in Bischofshofen. Rang drei belegte Kenneth Gangnes mit 251,5 Zählern. Auch in der Gesamtwertung ist der Norweger mit 22,2 Punkten hinter Freund nun schon Dritter. Der Österreicher Michael Hayböck (247,5) musste sich zwei Tage nach Platz zwei in Garmisch-Partenkirchen mit dem fünften Rang begnügen.
Zum Tourneesieg braucht's ein Wunder
„Jetzt braucht es schon ein Wunder. Peter war heute einfach der Bessere. Der Abstand ist jetzt schon sehr, sehr groß, da sollte man nicht mit einem Sieggedanken ins Springen gehen. Jetzt heißt es cool bleiben und weiterarbeiten,“ sagte Freund, der vom Sturzpiloten zum Adler von Innsbruck avanciert war. „Natürlich macht es so ein Sturz nicht leichter, aber so etwas kommt in unserem Sport schon einmal vor.“
Trotzdem war es eine Bravourleistung, mit dem Schrecken in den Gliedern zu Platz zwei zu springen. Da verneigte sich Bundestrainer Werner Schuster symbolisch. „Ich bin sehr stolz auf Severin. In Anbetracht der Umstände war das gigantisch“, sagte der Bundestrainer über den Oberstdorf-Sieger: „Nach so einem Sturz muss man sich erst einmal einen Telemark trauen.“
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Den alles überragenden Prevc bezeichnete Schuster als „fantastischen Sportler. Er ist momentan einfach der Beste.“ Nach dem Wackler, der Freund das Gleichgewicht gekostete hatte und ihn so zu Sturz gebracht hatte, hatte Schuster schon gesagt. „Das ist auf den ersten Blick ein Schlag für uns, aber vielleicht entpuppt es sich ja noch als Treffer.“
Das tat es, als Volltreffer. „Das war eine starke Leistung“, befand dann auch Skisprung-legende Sven Hannawald, der weiterhin der einzige Athlet ist, der jemals alle vier Springen bei ein und derselben Tournee gewinnen konnte. „Es ist sicher für Severin ungemein schwer, jetzt noch den Gesamtsieg zu holen“, erklärte Hannawald, der auch der letzte Deutsche ist, der den Gesamtsieg holen konnte (2001/02).
Alles deutet nun auf Prevc als Triumphator hin, er wäre der zweite Slowene nach Primoz Peterka 1996/1997, dem dieses Kunststück gelingt. Doch Prevc, als Schweiger bekannt, will davon noch nichts wissen: „Ich bin zufrieden. Aber bis Bischofshofen hat niemand irgendwas gewonnen.“ Prevc, der Innsbruck-Sieger und Freund, der Sieger der Herzen.