Pokal beschlagnahmt!

Hauptsponsor Pfister jubelt mit Hachings Volleyballern und lässt sich feiern. Die Trophäe stellt er in die Firmenzentrale seiner Versicherung.
HALLE/WESTFALEN Zum Glück haben die Volleyballer von Generali Haching am Sonntagabend das Pokalfinale mit 3:1 gewonnen. In vier Sätzen. So wurden Marco Liefke und Co. nicht nur zu Pokalhelden, sondern auch zu Lebensrettern. Zumindest taten sie viel für die Gesundheit ihres Sponsors, denn einen weiteren Satz gegen den Moerser SC hätte ihr Hauptsponsor Karl Pfister nur schwerlich überlebt. „Bei fünf Sätzen krieg' ich einen Herzinfarkt“, hatte der 63 Jahre alte Generali-Vertriebsvorstand vor der Partie der AZ gesagt.
Ein Blick auf ihn während des Spiels im heißen Gerry Weber Stadion in Halle/Westfalen zeigte, dass Pfister gar nicht so stark übertrieben hatte. Mit hochrotem Kopf zitterte er um jeden Punkt, klatschte sich die Seele aus dem Leib und feuerte an, was die Stimmbänder hergaben.
Gesegnet, wer in diesen Tagen einen solchen Sponsor hat. Pfister ist nicht nur Geldgeber, sondern gleichzeitig Hachings größter Fan. Er ist nah dran am Verein, besucht fast jedes Heimspiel, spricht mit den Spielern und sieht sich selbst gar als „väterlichen Freund“ des Trainers. „Ohne ihn wäre das alles hier nicht möglich", sagte Mihai Paduretu nach dem größten Erfolg in der Vereinshistorie.
Das wissen auch die Spieler und suchten sofort nach der Pokalübergabe den Weg zur Tribüne, um Pfister die Trophäe in die Hand zu drücken.
Der reckte das bronzene Ungetüm – 12,3 Kilo schwer – stolz in die Luft. „Das ist einer der schönsten Tagen in meinem Leben", sagte Pfister gerührt. „Die Mannschaft ist einfach toll, ich bin total ergriffen.“ Eine dicke Träne hatte sich den Weg über seine linke Wange gebahnt.
Wer allerdings dachte, Pfister würde den Pokal langfristig wieder rausrücken, damit die erste Trophäe in der Geschichte der Hachinger Volleyballer eine Vitrine zieren würde, als Schmuckstück auf der Geschäftsstelle, der sah sich getäuscht. Denn Pfister beschlagnahmte den Pokal. Mit freundlicher Erlaubnis des Trainers Mihai Paduretu.
„Der kommt in die Generali-Zentrale am Konrad-Adenauer-Ring“, kündigte Paduretu an. „Das Unternehmen mit allen Mitarbeitern hat großen Anteil an diesem Sieg.“
Der Dank ließ nicht lange auf sich warten. „Ich lade die ganze Mannschaft zu einem Wochenende auf Mallorca ein“, versprach Pfister.
Viel wichtiger dürfte Paduretu jedoch gewesen sein, dass Pfister bereits angekündigt hat, alles daran zu setzen, den 2010 auslaufenden Sponsoren-Vertrag zu verlängern. Titel, weiß Pfister, sind die besten Argumente, um seine Vorstandskollegen vom Projekt Generali Haching zu überzeugen. Seit knapp zwei Jahren überweist das Versicherungsunternehmen 700000 Euro jährlich an den Verein.
Der Gewinn der nationalen Meisterschaft würde die firmeninternen Verhandlungen zusätzlich erleichtern. „Es wäre mein ganz besonderer Wunsch, wenn wir jetzt noch den letzten Kick in der Saison hinkriegen“, mit diesen Worten richtete sich Pfister an die Mannschaft. Dann könnte vielleicht sogar der Sponsorbetrag aufgestockt werden, um den VfB Friedrichshafen endgültig auf dem Sonnenplatz im deutschen Volleyball abzulösen. Bis zu den Playoffs (ab 4. April) gilt es, sich eine gute Ausgangsposition in der Bundesliga zu verschaffen, danach ist jedes Spiel ein Endspiel.
Dann wird auch Pfister wieder dabei sein und mitfiebern. Ohne sein Engagement wäre es schnell vorbei mit hochklassigem Volleyball am Hachinger Utzweg. Insofern ist auch er ein Lebensretter.
Joscha Thieringer