Noch einmal waschen und bügeln

Bundestrainerin Silvia Neid gibt sich nach der geglückten WM-Generalprobe ungewohnt locker – und scherzt.
Frank Hellmann |
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Entspannt zur Titelverteidigung: Bundestrainerin Silvia Neid gibt sich nach der geglückten WM-Generalprobe gegen Norwegen ungewohnt locker – und ist sogar zu Scherzen aufgelegt.

Als Silvia Neid am Donnerstagabend im überfüllten Presseraum des Mainzer Bruchwegstadions berichtete, was sie an diesem einzig freien Wochenende vor der Frauen-WM zu tun gedenke, schmunzelten vor allem die männlichen Zuhörer: Nach Hause fahren, Klamotten waschen, Bügeln nicht vergessen, wieder den Koffer packen. Das klang gar nicht nach Vorzeigedame des modernen Fußballs, sondern nach Hausfrau. Auch die 47-Jährige grinste und schob nach, dass sie zu Hause im Siegerland auch noch zum Golfen gehe – „zum Entspannen“.
Dabei schien spätestens nach der geglückten Generalprobe, dem 3:0 gegen Norwegen, bereits eine Riesenlast von der Bundestrainerin abgefallen, von der zum einen der dritte WM-Titel in Folge und zum anderen eine Art Sommermärchen im Kleinformat erwartet wird. „Wir gehen mit großem Selbstbewusstsein rein“, beschied Silvia Neid, doch vier Siege in vier Testspielen bei 15:0 Toren seien eben auch ein bisschen „to much“. Was ist denn eigentlich, wenn ihre Sommermädchen mal in Rückstand geraten? „Haben wir leider nicht getestet“, flötete die Blondine.
Gut gelaunt wie selten spielte die aus dem Odenwälder Wallfahrtsort Walldürn stammende Fußballlehrerin den Doppelpass mit der Medienmeute. Als ein Reporter von „Bunte“ fragte, ob nun nicht die zweifache Torschützin Alexandra Popp am 26. Juni im Eröffnungsspiel beginnen müsste, die abermals die 13 Jahre ältere Ikone Birgit Prinz in den Schatten stellte, entgegnete Silvia Neid: „Wieso? Wer sagt das? Sie waren nicht oft genug dabei, das ist jetzt gar keine doofe Anmache.“ Gelächter im Raum.
Doch Silvia Neid wäre nicht Silvia Neid gewesen, wäre der Welttrainerin des Jahres nicht die rasche Rückkehr zur Sachlichkeit geglückt. „Alexandra Popp ist eine Waffe, wenn sie reinkommt. Aber ich werde allen Spielerinnen klar machen, dass wir nicht auf Wolke sieben durchs Turnier schweben.“ Sie hat ja selbst 111 Länderspiele bestritten, nachdem der erste Bundestrainer Gero Bisanz beim ersten Sichtungstraining im Herbst 1982 begeistert war, welche Talente die aus einer Fußballfamilie stammende Silvia Neid – ihre Kindheit verbrachte sie mit Bruder Ricardo auf dem Bolzplatz – einbrachte: „Sie war technisch versiert und überhaupt nicht ängstlich.“
Silvia Neid schoss gleich im ersten Frauen-Länderspiel 1982 gegen die Schweiz beim 5:1 zwei Tore; sie war mittendrin statt nur dabei, als die Frauen 1989 erstmals die EM gewannen – auch sie bekam damals noch das berüchtigte 40-teilige Kaffeeservice. Beim TSV Siegen war sie zwar eine Spielmacherin der Extraklasse, musste sich jedoch bei ihrem Vereinstrainer Gerd Neuser als Auslieferungsfahrerin im Blumenhandel etwas dazuverdienen, später arbeitete sie in dessen Geschäft im Ein- und Verkauf.
Spätestens mit dem WM-Gewinn 2007 in China stieg sie zu der Trainer-Leitfigur des Frauenfußballs auf, die längst hauptamtlich beim DFB arbeitet. Immer noch darf der eine (ältere) Teil des WM-Kaders zu ihr „Silv“ sagen, während der (jüngere) Rest sie mit „Frau Neid“ anredet. Sie besitzt eine größere Strahlkraft als Vorgängerin Tina Theune-Meyer, auch wenn sie mitunter stur sein kann – sie brüskierte die Öffentlichkeit vor wenigen Monaten, als sie sich beim DFB-Pokalfinale der Frauen einem TV-Interview verweigerte und dafür von der DFB-Spitze gerüffelt wurde. Ihr Fußball-Sachverstand ist immens, und oft hat sie bereits behauptet, sie würde sich auch zutrauen, eine Bundesligamannschaft zu betreuen. „Ich glaube nur nicht, dass eine Frau von allen Spielern respektiert würde.“
Wenn sich nun das Frauen-Team am Dienstag in Berlin trifft und in das Grand Hotel Esplanade am Lützowufer zieht, dann tut sie gut daran, den Ratschlag von Joachim Löw anzunehmen. Erst kürzlich riet ihr der Bundestrainer: „Fußballerische Ratschläge kann ich Silvia nicht geben, sie hat schon viele Turniere gespielt – mehr als ich. Aber wichtig wird sein, in schwierigen Momenten Gelassenheit zu zeigen, Ruhe zu bewahren.

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