Nico Rosberg: Ist das eine Nummer zwei?
Obwohl Nico Rosberg schon zwei Rennen gewonnen hat in dieser Saison, gilt bei Mercedes Lewis Hamilton als Nummer 1. Dabei trauen viele Experten ihm zu, Weltmeister werden zu können.
Nürburg - Er sieht blendend aus, hat gute Manieren und eine bildhübsche Freundin. Und Nico Rosberg ist vor allem eines: sauschnell. Trotzdem gilt der 28-Jährige – trotz seiner zwei Saisonsiege – bei Mercedes nur als Nummer zwei. Rosberg muss den „Wasserträger“ spielen. Erst für Michael Schumacher und nun für Lewis Hamilton.
„Ich glaube, man muss den Nico gar nicht zur Nummer eins machen. Das regelt sich auf der Rennstrecke von ganz alleine“, sagt der ehemalige Formel-1-Pilot und heutige Formel-1-Experte für Sky, Marc Surer, der AZ. Der Schweizer traut Rosberg beim Heimspiel am Sonntag auf dem Nürburgring (14 Uhr, RTL und Sky live) einiges zu: „Nico hat gezeigt, dass er auch unter Druck gut ist. Er ist zu Großem fähig, er kann Weltmeister werden.“
Rosberg hat bei Mercedes längst eine Beförderung verdient. Der Blondschopf war es, der den Stuttgartern 2012 in China den ersten Sieg der neuen Silberpfeil-Ära bescherte. In dieser Saison gewann er sein Heimrennen in Monaco – Rosberg wohnt praktisch seit seiner Geburt im Fürstentum – und letzten Sonntag in Silverstone. Teamkollege Hamilton, der 20 Millionen Euro pro Jahr und damit rund doppelt so viel wie Rosberg kassieren soll, wartet noch immer auf den ersten Saisonsieg.
Noch steht Hamilton in der WM-Wertung an Position vier, zwei Plätze vor Rosberg. Aber das könnte sich schon am Sonntag ändern, denn beide trennen nur sieben Punkte. „Langsam aber sicher kommen wir in die Rolle des Favoriten, das ist fantastisch“, sagt Rosberg. Auch Surer sieht einen Silberstreif am Mercedes-Horizont: „Hamilton und Rosberg sind die stärkste Fahrer-Paarung der Formel 1.“ Und: „Am Nürburgring sehe ich Mercedes unter den Favoriten.“
Hamilton ist der Glamour-Star der Silbernen. Das musste Rosberg schon im zweiten Rennen lernen. In Bahrain lag er auf Platz vier, direkt hinter Hamilton. Rosberg war viel schneller als der Brite. Da sprach Teamchef Ross Brawn am Kommandostand ein Machtwort. „Nico, wir brauchen dieses Ergebnis.“ Klarer Fall von Teamorder, Hamilton wurde Dritter und entschuldigte sich bei der Siegerehrung: „Eigentlich hätte Nico hier stehen müssen.“
Wann also macht Mercedes Rosberg endlich zur Nummer eins? Oder dürfen nette Fahrer in der Formel 1 wirklich nicht Weltmeister werden? Rosberg ist viel zu intelligent (Abitur mit einem Notenschnitt von 2,1), um sich öffentlich über seine Situation zu beklagen. Er weiß, was sein Arbeitgeber von ihm erwartet. Und er kennt seinen Text. „Wir hatten hier drei schwierige Jahre, in denen wir viel gelernt haben. Nun fügt sich alles zusammen“, sagt Rosberg artig.
Anfangs war er noch nicht so weichgespült, plauderte munter drauflos. Doch als Rosberg mal vor laufender Kamera das Wort „Katastrophe“ in den Mund nahm, musste er gleich bei den Mercedes-Oberen zum Rapport antreten. Dort kam er sich wie auf der Schulbank vor und musste lernen, dass „Katastrophe“ oder „Bullshit“ nicht zum Wortschatz eines Sternfahrers gehören. Nico tat, was man ihm befahl, auch wenn nicht alles so lief, wie es laufen sollte.
Rosberg hatte es wahrlich nicht leicht in seiner Rennfahrer-Karriere. Lange hatte er unter dem berühmten Nachnamen zu leiden. Vater Keke war 1982 Formel-1-Weltmeister. Dazu kam noch sein wenig schmeichelhafter Spitzname: Britney. So wurde er genannt wegen seiner Wallemähne. Doch das war gestern. Die Haare sind mittlerweile kurz, die Erfolge dafür umso größer.