Nico Rosberg: Der Mann der Stunde flirtet mit BMW

BUDAPEST - Am Weltmeistersohn, der Williams nach dieser Saison wohl verlassen wird, sind auch Mercedes und Brawn interessiert. Doch aus Sicht des talentierten Piloten spricht viel für die Münchner. Nico Rosberg im AZ-Gespräch.
Nico Rosberg hat den Reißverschluss seines blauen Hemdes bis zur Brustmitte offen, Brusthaar kommt auf der gebräunten Haut zum Vorschein. Es ist heiß in Budapest, mehr als 40 Grad über dem Asphalt. Rosberg mag dieses Wetter, er kennt es von zu Hause, aus Monaco.
Doch das ist nicht der Grund, wieso Rosberg vor dem zehnten Saisonrennen in Budapest am Sonntag (14 Uhr, RTL und Sky live) unentwegt lacht. Sebastian Vettel und Jenson Button kämpfen um die WM, doch der Mann der Stunde in der Formel 1 ist Rosberg. In seinem vierten Jahr in der Königsklasse des Motorsports hat er sein finanzschwaches Williams-Team endlich wieder in die Weltspitze gebracht. Am Nürburgring hat er zuletzt das Podium als Vierter nur knapp verpasst, obwohl nur vom 18. Rang gestartet. Für Budapest hat er sich einen Platz auf dem Podium zum Ziel gesetzt. „Ich werde Dritter“, sagt er gar, „hinter einem Red Bull und einem Brawn – oder andersherum.“ Dazu müsste er aber freilich auch jeweils einen Brawn und Red Bull schlagen. „Kein Problem“, sagt Rosberg lachend, „einen schlage ich durch Können, einen durch Glück.“
Nächstes Jahr dann soll der Faktor Glück keine Rolle mehr spielen. Denn dann wird der 24-jährige Weltmeistersohn selbst in einem Topauto sitzen. Sein Vertrag bei Williams läuft aus, neben seinem bisherigen Rennstall haben Brawn, McLaren-Mercedes und BMW gesteigertes Interesse an ihm.
Rosberg selbst scheint sich aber bereits so weit festgelegt zu haben, dass er künftig am liebsten mit einem deutschen Rennstall siegen möchte. „Von mir aus sind BMW und McLaren-Mercedes zwei interessante Teams fürs nächste Jahr“, sagt er und ergänzt: „Ich suche nach einem Team, das mir ein Auto gibt, um den nächsten Schritt zu machen, mit dem ich in jedem Rennen aufs Podium fahren kann.“
Nach Budapest macht die Formel 1 vier Wochen Pause. Rosberg wird nach Hause fahren, „mit meinen Freunden ein bisschen Party machen". Vor allem aber wird er sich dann für einen der beiden Rennställe entscheiden.
Gedanken hat er sich aber schon gemacht. Und wer genau hinhört, merkt, dass Rosbergs Weg eher nach München führen wird. „Bei Williams bin ich es gewohnt, dass ich als Fahrer mit den Ingenieuren auch bei der Entwicklung zusammenarbeite und Vorschläge machen kann. Das möchte ich auf jeden Fall weiterhin tun", erklärt er. Bei BMW-Motorsportchef Mario Theissen wäre er da an der richtigen Adresse. Der fragt seine Fahrer nach jedem Training, was man besser machen könnte. Bei McLaren dagegen sind Fahrer zum Fahren da.
Noch ein Grund spricht gegen die Silberpfeile. Rosberg: „Mein künftiger Teamkollege spielt bei meiner Wahl eine ganz wichtige Rolle. Wenn ich in ein Team komme, wo es einen richtig etablierten Fahrer gibt, der auch neue Teile als erster bekommt, dann macht es das für mich nicht einfacher." Am Nürburgring fuhr nur Weltmeister Lewis Hamilton im verbesserten Silberpfeil, Teamkollege Heikki Kovalainen bekam die neuen Teile erst in Budapest. Bei BMW werden beide Fahrer gleich behandelt. Zudem könnte Rosberg die starke Hausmacht Hamiltons bei den Silberpfeilen abschrecken. Daran scheiterte schließlich auch schon Fernando Alonso, der nach einem Jahr zu Renault flüchtete.
„Ich muss analysieren, ob in der Führungsebene bei dem Rennstall Harmonie oder Chaos herrscht", sagt Rosberg der AZ weiter. Harmonie in der Führungsebene war bei den Silberpfeilen zuletzt freilich selten. Anfang der Saison verabschiedete sich der langjährige Teamchef Ron Dennis, dem Vernehmen nach auch auf Druck von Mercedes.
Filippo Cataldo