„Nicht aufhören, bis der Arzt kommt“

Kampf dem Herztod!Kickboxerin Christine Theiss, eine Medizinerin, erklärt im AZ-Interview, wie jeder helfen kann.
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Die Kickboxweltmeisterin: Christine Theiss (r.), hier gegen Grete Hale.
sampics Die Kickboxweltmeisterin: Christine Theiss (r.), hier gegen Grete Hale.

Kampf dem Herztod!Kickboxerin Christine Theiss, eine Medizinerin, erklärt im AZ-Interview, wie jeder helfen kann.

AZ: Frau Theiss, ein Bayernliga-Fußballer vom 1. FC Bad Kötzting ist mit Herzstillstand tot zusammengebrochen und wurde von einem Teamarzt reanimiert. Sie sind Kickbox-Weltmeisterin, Ärztin und Patin der Björn-Steiger-Stiftung, die Laien schulen will, wie sie bei einem Herzstillstand Wiederbelebungsmaßnahmen einleiten können. Das können bislang nur die Wenigsten, oder?

CHRISTINE THEISS: Das stimmt leider, denn die meisten machen nur eine einzige Schulung im Leben: die, die zur Führerscheinprüfung vorgeschrieben ist. Viele tun in einem Notfall nichts, weil sie sich denken, das muss ein Arzt tun, oder das kann ich nicht. Das ist alles Schmarrn! Die Grundregel ist: Es kann jeder, und man kann auch fast nichts falsch machen.

Aber viele haben Angst, dass Sie den Patienten verletzen, ihm etwa die Rippen brechen.

Dazu kann man nur sagen: Selbst wenn sie bricht, ist es nicht schlimm. Das ist leicht zu reparieren. Wichtig ist, dass man das Blut am Zirkulieren hält. Normalerweise dauert es etwa fünf bis zehn Minuten, bis die Rettung vor Ort ist. Diese Zeit hat das Hirn aber nicht. Ich kann nur appellieren: Macht was! Wenn man nichts tut, ist es zu spät, dann ist das Opfer tot oder zumindest schwer hirngeschädigt. Nichts zu tun, ist auf jeden Fall das Falsche.

Angeblich sind in Deutschland 350 Herztode täglich vermeidbar. Was muss ein Retter tun?

Früher hieß es, man muss zwei Finger breit über dem Brustbein drücken, nach neuesten Studien ist das nicht so entscheidend. Wichtig ist, dass man in der Herzgegend die Handballen aufsetzt und presst. Und zwar mit Kraft, nicht nur so leicht, als würde man einen Teig kneten. Und die Frequenz sollte 100 Pressungen pro Minuten sein: Zack, zack, zack! Und nicht aufhören, bis der Arzt kommt. Den Kreislauf kriegt der dann schon hin. Durch das Pressen bringe ich zwar nicht das Herz wieder in seinen Rhythmus, aber ich übernehme die Pumpfunktion des Herzens und sorge für die Zirkulation des Blutes mit Sauerstoff, besonders zum Gehirn.

Sollte man Nachschulungen von Erste-Hilfe-Kursen zur Pflicht machen?

Ich halte nicht so viel von Zwang, da sitzen die Leute nur drin, stellen die Ohren auf Durchzug. Ich bin für Aufklärung. Man muss in die Köpfe rein kriegen, dass man nichts falsch machen kann. Aber jeder sollte sich und sein Gewissen hinterfragen, ob er es noch könnte. Wenn nicht, sollte er so einen Kurs noch mal machen. Es kann ja auch seinen Liebsten vielleicht mal das Leben retten. Deswegen will jetzt auch die Stiftung in die Schulen gehen und Kurse kostenlos anbieten.

Haben Sie Ihr Wissen selber schon anwenden müssen?

Ja, ich war etwa 19 Jahre und in der Praxis meines Vaters, der ja Kardiologe ist. Plötzlich kam ein Mann rein und meinte, dass eine Frau vor der Tür zusammengebrochen sei. Wir sind sofort raus, die Frau lag leblos da. Mein Vater hat die Beatmung übernommen und ich habe gedrückt, bis der Rettungswagen kam. Die Ärzte haben sie wieder ins Leben zurückgeholt. Ich kann also aus eigener Erfahrung sagen: Es funktioniert!

Interview: Matthias Kerber

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