Nagelsmann mit Sorgen: Nur zwei Spieler zeigen schon WM-Form
In Badelatschen setzte Joshua Kimmich zu seiner Regierungserklärung an – und für so manchen DFB-Kollegen dürften die Worte des Kapitäns etwa ein Jahr vor der Weltmeisterschaft in den USA, Kanada und Mexiko eine Warnung gewesen sein.
"Wir haben es nicht geschafft, unsere Energie auf den Platz zu bringen. Wir waren zu weit weg von unserem Limit in allen Bereichen", kritisierte Kimmich nach der verdienten 1:2-Niederlage im Nations-League-Halbfinale gegen Portugal, die ihm sein Jubiläum von 100 Länderspielen mächtig vermieste: "Wir müssen gewisse Lehren daraus ziehen."
Kimmich kritisiert DFB-Team deutlich
Besonders Bundestrainer Julian Nagelsmann, der mit Kimmich und Florian Wirtz nur zwei Spieler in WM-Form in seinem Team hatte. Das muss schnell besser werden. Die AZ macht den DFB-Kadercheck.
Tor: Nach seiner schweren Knieverletzung war Marc-André ter Stegen, Nagelsmanns Nummer eins, die fehlende Spielpraxis noch deutlich anzumerken, im Passspiel erlaubte er sich einige Unsicherheiten. Immerhin: In der Schlussphase parierte der 33-Jährige zweimal stark.
Und doch: Um bei der WM eine Chance zu haben, braucht es ter Stegen in Bestform. Wie Manuel Neuer 2014 in Brasilien. Aktuell kann niemand sagen, ob der Barcelona-Torhüter, der bei seinem Klub ein Verkaufskandidat sein soll, wieder auf sein Spitzenniveau kommt. Mit Oliver Baumann und Alexander Nübel gibt es zwei solide Alternativen.
Bayern-Neuzugang Tah schwächelt
Abwehr: Die wohl größte Problemzone. Ohne die Verletzten Antonio Rüdiger – dem es zusätzlich an Disziplin mangelt –, und Nico Schlotterbeck wirkt die Defensive wacklig. Bayern-Neuzugang Jonathan Tah spielte gegen Portugal ganz schwach, Robin Koch und Waldemar Anton nicht viel besser.
Ebenfalls kritisch: die linke Seite, wo Maximilian Mittelstädt, Robin Gosens und David Raum keine internationale Klasse verkörpern. Nur Kimmich auf rechts ist ein Top-Mann. Zu wenig, um ein WM-Titelkandidat zu sein.
Hoffnungen auf Wirtz und Musiala
Mittelfeld: Jamal Musiala wurde als kreativer Geist im Zentrum extrem vermisst, auch der Stuttgarter Angelo Stiller hätte der Mannschaft gutgetan.
Leon Goretzka und Aleksandar Pavlović schafften es nicht, die Partie im Zentrum zu kontrollieren. Felix Nmecha, Robert Andrich und Pascal Groß sind ebenfalls keine Weltklasse-Spieler. Allein Florian Wirtz, der das 1:0 köpfte, sorgte immer wieder mal für überraschende Momente mit Pässen oder Dribblings.
Wirtz und Musiala müssen beide fit und in Topform zusammen auf dem Platz stehen – sonst ist Deutschland keine besondere Mannschaft.
Woltemade und Havertz als Sturm-Optionen
Angriff: "Für das erste Spiel war es in Ordnung", sagte Nagelsmann über Sturmdebütant Nick Woltemade. "Es prasseln so viele Dinge auf einen jungen Spieler ein, da erwartet man keine Wunderdinge. Er hat die ersten 60 Minuten als A-Nationalspieler gut genutzt."
Der Stuttgart-Profi verfügt über großes Potenzial, er ist talentierter als Niclas Füllkrug oder der aktuell verletzte Tim Kleindienst. Daher hat Woltemade gute Chancen auf die WM-Startelf, wenn seine Entwicklung weiter so positiv voranschreitet.
Wichtig wäre zudem die Rückkehr von Kai Havertz (Oberschenkelverletzung), der als hängende Spitze agieren kann wie bei der Heim-EM 2024.