Nach Sex-Unfall: Wie kaputt ist Totilas?
Das einstige Wundertier des Dressursports fällt nach einem Unfall beim Besamen aus – unter Besitzer Paul Schockemöhle und Reiter Matthias Rath erlebt der Hengst einen traurigen Absturz
KRONBERG Es klingt fast nach Slapstick: Bei der Besamung einer künstlichen Stute zu Zuchtzwecken verletzt sich Zehn-Millionen-Hengst Totilas am Bein. „Er hat eine Überdrehung im Knie, kann nur Schritt gehen. Ich hoffe, dass wir in zwei Wochen wieder trainieren können”, sagt Reiter Matthias Rath der „Bild”.
Eine Episode, die vielleicht sogar komisch sein könnte, wenn die Historie von Rath und Totilas, dem ehemals besten Dressurpferd der Welt, nicht schon voller Missgeschicke und Misserfolge wäre.
Die AZ zeigt die Chronologie des Absturzes, die die Frage aufwirft: Wie kaputt ist Totilas?
November 2010: Der deutsche Unternehmer und dreimalige Springreit-Europameister Paul Schockemöhle kauft den schwarzen Hengst für umgerechnet 10 Millionen Euro aus den Niederlanden – als Ausnahmepferd der Dressurszene. Zuvor hatte er mit Edward Gal, seinem niederländischen Reiter und Ausbilder, innerhalb von nur 14 Monaten drei Weltrekorde gebrochen, wurde dreimal Weltmeister. Doch unter seinem neuen Reiter Matthias Alexander Rath bliebt der Erfolg aus.
Europameisterschaft August 2011: In Rotterdam erwartet die Reitsport-Welt Titel von Rath und Totilas – sie enttäuschen aber mit dem fünfter Platz.
Februar 2012: Der neue Trainer von Totilas, Sjef Janssen, kündigt an, die Trainingsmethode der Rollkur weiter durchzuführen. Diese Methode ist höchst umstritten, weil der Nacken des Pferdes gewaltsam nach unten gedrückt wird und das Sehfeld zudem sehr eingeschränkt ist. Daraufhin erstattet die Tierschutzagentur PETA Anzeige gegen Reiter und Halter. „Die Gutachter der Staatsanwaltschaft waren bei uns auf dem Schafhof und haben an einem Morgen den Stallbetrieb unter die Lupe genommen. Seitdem haben wir nichts mehr gehört”, sagte Klaus Rath, Vater von Matthias, damals.
Mai 2012: Bei den Deutschen Meisterschaften in Balve soll alles besser werden. Doch Totilas und Rath machen drei entscheidende Fehler in den Disziplinen Kür und Grand Prix Spezial. Zu viele für die hohen Ansprüche – und so reicht es am Ende in beiden Disziplinen jeweils nur für den ernüchternden zweiten Platz.
Olympische Spiele, Juli-August 2012: Zumindest im Mannschaftswettbewerb waren Ross und Reiter fest für eine Medaille eingeplant gewesen. Sie reisen aber gar nicht erst nach London an: Rath leidet am Pfeifferschen Drüsenfieber und muss pausieren.
Dezember 2012: Das Duo wird wegen fehlender Leistungsperspektive aus dem Dressur-Nationalkader gestrichen.
März 2013: Der bisher traurige Höhepunkt – Totilas fällt nach seinem Besamungsunfall für Wochen aus. 8000 Euro kostet so ein Einsatz, Totilas Gene sind bei Züchtern immer noch äußerst begehrt. Und auch die 10 Millionen Einkaufspreis wollen irgendwie verdient werden. Wenn Totilas wieder genesen ist, soll es keine weiteren Besamungsversuche mehr geben. „Wir haben im vergangenen Jahr festgestellt, dass die Leistungen durch die vielen Deckeinsätze nicht konstant genug waren. Deshalb die Veränderung”, sagte Rath.
Im Sommer findet in Dänemark die Dressur-EM statt. Noch hat Rath den Traum vom Erfolg mit Totilas nicht aufgegeben – mehr als Hoffnung bleibt ihm nicht mehr.
- Themen: