Nach dem Holperstart: Was nun, Herr Cortina?
Zwei Siege, zwei Niederlagen – der WM-Auftakt lief für das deutsche Eishockey-Nationalteam durchwachsen. „Ich liebe meinen Job“, sagt der Coach – und erklärt, wie er es jetzt anpackt.
AZ: Herr Cortina, nach zwei Siegen zum WM-Auftakt gegen Kasachstan und Lettland setzte es nun zwei Niederlagen gegen Finnland und die Schweiz. Wie sieht denn Ihr Fazit bisher aus? PAT CORTINA: In drei von vier Partien haben wir gut gespielt, gegen Finnland nicht wirklich. Gegen die Schweiz haben wir alles gegeben, haben unsere deutsche Identität in die Waagschale geworfen. Normalerweise wird ein solcher Einsatz, ein solches Auftreten belohnt - es sollte leider nicht so sein. Wir haben ein junges Team, ein Team, das sich im Übergang befindet, das ist aller Ehren wert.
Weniger ehrenwert ist die Tatsache, dass Nationalspieler reihenweise für die WM abgesagt haben – insgesamt 13. Fehlt hier die Identifikation mit dem Nationalteam?
Die Absagen sind ein Fakt, aber damit beschäftige ich mich im Moment nicht. Ich erwarte von meinen Spielern, dass sie sich voll auf die WM konzentrieren, das Gleiche können sie auch von mir erwarten. Nach der WM werden wir das alles genau analysieren, manche Spieler hatten gute Gründe für die Absagen, andere weniger gute. All das wird erst nach der WM ein Thema für mich.
Sie sind jetzt fast zwei Jahre Bundestrainer – wo steht das deutsche Eishockey jetzt? Hat es unter Ihnen einen Fortschritt gemacht?
Letzteres müssen andere bewerten, aber wo das deutsche Eishockey steht? Ich denke, dass wir mal die Realitäten akzeptieren müssen, wir sind nicht automatisch eine Top-Ten-Nation im Eishockey. Ich gebe auch nicht das Viertelfinale als Ziel vor – klar wollen wir das erreichen, es ist nicht utopisch, aber es ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Wir haben zum Beispiel Kasachstan geschlagen.
Erst im Penaltyschießen.
Ja. Aber bei denen spielen 15 Spieler die ganze Zeit in der KHL zusammen. In einer Liga, die höher ist, als die Ligen, in denen die anwesenden deutschen Nationalspieler aktiv sind. Aber Teile der Öffentlichkeit erwarten, dass wir zehn Tore schießen. Das hat mit Realismus nichts zu tun.
Machen Sie sich Gedanken darüber, ob Ihr Job sicher ist?
Nein, ich bin zu lange im Geschäft, um mir darüber den Kopf zu zermartern. Ich weiß nicht, wie lange ich Trainer sein werde, es gibt keine Garantien. Veränderungen brauchen Zeit, das hat man in der Schweiz gesehen. Aber ich will dazu nicht zu viel sagen, sonst sieht es nur so aus, ich würde versuchen, selber Holz in das Feuer zu werfen und Eigenwerbung zu machen.
Wie soll man sich denn mal an den Bundestrainer Pat Cortina erinnern?
Puh, das ist eine der schwersten Fragen, die mir je gestellt wurde. Am besten als jemand, der Veränderungen zum Guten des deutschen Eishockeys angeschoben hat, der versucht hat, in die Jugend zu investieren, der geholfen hat, die deutsche Identität des Teams, die meine Vorgänger implementiert haben, weiter zu entwickeln.
Da haben Sie sich aber wirklich einiges vorgenommen!
(lacht) Ich sagte ja, dass ich als der wahrgenommen werden will, der geholfen hat, nicht der, der es geschafft hat. Vielleicht werde ich auch nur als der gesehen werden, der versucht hat, alle glücklich zu machen und am Ende keinen glücklich machte.
Sie haben einige strukturelle Veränderungen – etwa im Jugendbereich - angeschoben, wann erwarten Sie denn, dass das deutsche Eishockey davon profitiert?
2017 findet die WM in Deutschland statt – da sollte sichtbar sein, dass sich was getan hat. Das sind nur drei Jahre – das ist nicht zu lange.
Hätten Sie es sich so schwierig vorgestellt, im deutschen Eishockey wirklich Grundlegendes zu verändern?
Ich liebe meinen Job, das habe ich auch allen im deutschen Eishockey gesagt. Ich gebe alles, was ich habe dafür, hier etwas zu verbessern, aber ich habe auch allen gesagt: Ich will meine Kräfte genau dafür einsetzen – und nicht für Grabenkämpfe, sonst reibt man sich zu leicht an Nebensächlichkeiten auf. Das ist Verschwendung. Von Zeit und Energie, die man besser für das Wohl des deutschen Eishockeys bündeln sollte
- Themen: