Nach Bangen und Warten: Betty Heidler holt Bronze

Schock bei den Olympia-Leichtathleten: Die elektronische Messung hat Betty Heidlers Wurf nicht erfasst. Später korrigieren sich die Kampfrichter: Bronze!
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Schock bei den Olympia-Leichtathleten: Die elektronische Messung hat Betty Heidlers Wurf mit dem Hammer nicht erfasst. Später korrigieren sich die Kampfrichter: Bronze!

London - Am Ende verteilte Betty Heidler Küsschen. Erst auf die Wangen der Kampfrichterin, dann gab es von der Hammerwerferin ein paar Kusshände fürs Publikum und die Kameras. Schließlich stand jetzt endlich auch auf der Anzeigetafel, was Heidler eigentlich die ganze Zeit schon gewusst hatte: 77,13 Metern, Rang drei. Bronze für Heidler in einem Wettbewerb, der fast mit einem Skandal geendet hätte. Und gemeint ist nicht der Sieg der Russin Tatjana Lysenko, die zwei Jahre nach ihrer abgesessenen Dopingsperre Gold mit 78,18 Metern gewann.

Sondern eine Panne, die im Jahr 2012 eigentlich kaum noch für möglich gehalten werden konnte. Heidlers fünfter Versuch war nicht richtig gemessen worden. Es war ihr weitester Wurf. Für alle im Stadion sichtbar war der Hammer irgendwo zwischen 76 und 77 Metern aufgekommen. Doch als offizielle Weite waren zunächst nur 72,34 Meter angezeigt worden.

Ein Ding der Unmöglichkeit. Die 28-Jährige schüttelte den Kopf, blickte ungläubig zu den Kampfrichtern, dann zu ihrem Trainer Michael Deyhle und pendelte ratlos hin und her zwischen Hammerwurfkäfig, ihrem Handtuch auf der Tartanbahn und dem Platz vor ihren Betreuern auf der Tribüne. Sie wusste nicht, wie ihr geschah.

Schließlich wurde ihr zugestanden, den Versuch zu wiederholen. Heidler warf, der Hammer landete bei knapp 70 Metern, Heidler machte den Versuch selbst ungültig. Die Diskussionen gingen weiter. Der Wettkampf endete schließlich mit einer achtplatzierten Heidler.

Vorerst. Das deutsche Team legte Protest ein – und die Briten ließen sich erweichen. Plötzlich standen Wettkampfrichter mit Maßbändern auf dem Rasen. Sie maßen jeden Versuch über 75 Meter noch mal mit der Hand nach. Und schließlich fanden sie Heidlers besten Versuch doch noch im Computer. 28 Minuten nach Ende des Wettkampfs reckte Heidler beide Daumen hoch: Bronze!

Bis dahin war sie, die zwar 2007 bei der WM Gold geholt hatte und seit 2009 den Weltrekord hält, aber seit 2008 bei großen Wettkämpfen nie mehr ihre Nerven im Griff gehabt hatte, erstaunlich ruhig geblieben, hatte mit den Kampfrichtern herumgeschäkert. „Es war ein Fehler in der Weitenmessung. Ich wusste zeitig, dass der Wurf im System drin war. Es musste nur noch offiziell werden. Jetzt ist alles gut. Ich freue mich so dermaßen, dass die Briten alles möglich gemacht haben, um den Fehler zu finden. Jetzt brauche ich keine Ruhe, sondern werde ordentlich feiern“, sagte Heidler – und lobte die britischen Kampfrichter. „Das ist ja das Gute an den Briten hier: dass sie auch immer wieder in der Lage sind, sich zu korrigieren.“

Tatsächlich war es schon das zweite Mal bei diesen Spielen, dass sich eine deutsche Leichtathletin erst mit Verspätung über eine Medaille freuen durfte. Am Samstag musste erst der Videobeweis zu Rate gezogen werden, ehe die ausgesprochene Disqualifikation für Siebenkämpferin Lilli Schwarzkopf zurückgenommen wurde und sie Silber erhielt. Erst Lilli, dann Betty: Die spinnen, die Briten! „Es tut mir leid für Betty, sie ist um viele olympische Emotionen gekommen. Aber zumindest ist sie zu Bronze gekommen“, sagte Cheftrainer Idriss Gonschinska nach dem zweiten Happy End. „Das ist ein Skandal, das darf bei Olympia nicht passieren“, hatte sich Thomas Kurschilgen, der Sportdirektor des DLV ereifert. Doch das war, bevor Heidler doch noch Bronze zugestanden bekam. Und so konnte sie am Ende lachen – dank eines Maßbandes.

 

 

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