Milchmädchenrechnung
WIEN - Den Glauben an den Viertelfinal-Einzug haben die Co-Gastgeber noch nicht verloren. Wie sich die Österreicher nach der bitteren Auftaktpleite gegen Kroatien wieder Mut machen. Hickersberger: „Gegen Polen ist alles drin. “
Ja gut, verloren haben sie schon, die Österreicher. Aber nur durch einen Elfmeter. Und irgendwie auch unverdient. Den Glauben an den Viertelfinal-Einzug haben die Co-Gastgeber jedenfalls noch nicht verloren. Am Tag nach der unglücklichen 0:1-Pleite gegen Kroatien spricht sich die Nation Mut für die nächsten Spiele gegen Polen und Deutschland zu. In Wien deutete am Montag kaum etwas darauf hin, dass am Tag zuvor in den Fanzonen gut 40000 Fans das Match verfolgt hatten. Putzbrigaden beseitigten über Nacht alle Spuren, Menschen gingen in die Arbeit, nur ab und zu stolperte ein übrig gebliebener kroatischer oder österreichischer Fan mit verschmierter Schminke und Fahne (in jeder Hinsicht) durch die Straßen.
In den Cafés und an den Stammtischen gibt es genug Durchhalteparolen zur Auswahl. Erstens: „Wir haben trotz der Niederlage ganz Europa bewiesen, dass wir kein Prügelknabe sind.“ Zweitens: „Mit einer Leistung wie in der zweiten Halbzeit gegen Kroatien können wir die Polen schlagen.“ Und drittens: „Wo steht geschrieben, dass wir nicht auch gegen die Deutschen gewinnen können?" Milchmädchenrechnungen wurden gestern überall aufgestellt. Die Zeitungen taten ihr Übriges, wieder Mut zu machen. „Bitterer Auftakt, toll gespielt", titelte die „Kronenzeitung“. "Spiel verloren, aber nicht die Hoffnung", schrieb die „Kleine Zeitung“.
Allgegenwärtiger Ärger
Freilich, der Ärger über die vergebene Chance auf einen oder gar drei Punkte, war noch allgegenwärtig. Der starke Bremer Martin Harnik brachte es auf den Punkt: „Ich persönlich hätte lieber einmal ein Scheißspiel, würde aber nach 90 Minuten als Sieger vom Platz gehen. Das zieht sich wie ein roter Faden bei uns durch." Team-Assistent Andi Herzog bemängelte die fehlende Cleverness vor dem Tor: „Wir sind in der Schlussviertelstunde so oft im Strafraum der Kroaten aufgetaucht, da hätte sich der eine oder andere auch einmal fallen lassen können."
Die Kritik ging vor allem an den künftigen Frankfurter Bundesliga-Profi Ümit Korkmaz. Der erst 22-Jährige bestach nach seiner Einwechslung durch sehenswerte Dribblings und sorgte für gefährliche Aktionen. Österreichs Medien fordern „Power-Ümit" für die Startelf. Gleiches gilt für Routinier Ivica Vastic (38), der ebenfalls nur eingewechselt wurde. „Natürlich waren und sind wir traurig. Aber jeder bei uns hat den Kopf oben. Kroatien ist Geschichte. Nun geht es weiter", gibt sich Korkmaz kämpferisch.
Blick nach vorne
Auch Teamchef Pepi Hickersberger hat den Blick nach vorne gerichtet: „Man hat gesehen, dass wir im Trainingslager hart gearbeitet haben und die Zeit nicht nur im Liegestuhl verbrachten. Gegen Polen ist alles drin." Allerdings warnte er auch: „0:1-Niederlagen zum Auftakt sind die gefährlichsten, weil man leicht den Eindruck gewinnen könnte, man sei mit Niederlagen zufrieden. Das ist ganz schlimm.“
Immer wieder taucht in diesem Zusammenhang nun das Beispiel Portugal auf. Bremen-Legionär Sebastian Prödl: „Die haben vor vier Jahren auch das Auftaktspiel verloren und sind dann ins Finale gekommen. Der Glaube versetzt Berge." Und davon haben sie in Österreich bekanntlich mehr als genug.
Michael Pech
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