Michael Teuber: „Meine Muskeln schmelzen wie Butter in der Sonne!“

Paralympics-Star Michael Teuber spricht im Interview mit der Abendzeitung über seinen Sturz und seine Pläne für die Paralympischen Spiele 2016 in Rio.
AZ: Herr Teuber, Sie, Deutschlands Paralympics-Superstar, haben sich bei einem Rad-Sturz einen Trümmerbruch im Oberschenkel zugezogen. Wie ist die Operation verlaufen, wie geht es Ihnen jetzt?
MICHAEL TEUBER: Ich bin gerade nach drei Tagen auf der Intensivstation auf eine normale Station verlegt worden. Aufgrund des Blutverlustes war ich vorher nicht vollkommen stabil. Die Schmerzen sind soweit erträglich. Ich habe gleich beim Oberarzt Druck gemacht, denn ich wollte unbedingt wissen, wann ich mit der Reha anfangen kann. Klar ist, die nächsten vier bis sechs Wochen geht gar nichts. Der Oberschenkel ist nunmal der größte Knochen im Körper, bevor der nicht völlig verheilt, vollkommen stabil ist, darf ich nichts machen.
Gerade aufgrund Ihrer Vorgeschichte – Sie sind nach einem Autounfall 1987 inkomplett querschnittsgelähmt – wird die Reha sicher noch komplizierter.
Ohne Frage. Gäbe es die Vorschädigung nicht, würde ich mir zwei Krücken schnappen und gleich was tun, aber das geht bei mir so nicht. Man muss sich nichts vormachen, meine Muskeln schmelzen dahin, wie Butter in der Sonne. Aber ich mache weiter. Ich will in elf Monaten bei der WM in der Schweiz meinen Zeitfahr-Titel verteidigen, mein Fernziel sind die Paralympics in Rio 2016.
An das Karriereende haben Sie nicht gedacht, Sie sind immerhin auch schon 46.
Nein, so will ich nicht von der großen Bühne abtreten, wahrscheinlich ist nach den Spielen in Rio 2016 Schluss, aber wer weiß. Ich bin kein Mensch, der aufgibt.
Sie haben in Ihrem Leben ja immer wieder bewiesen, dass Sie mit Tragödien und Schicksalsschlägen fertig werden.
Nach dem Unfall 1987 saß ich im Rollstuhl. In Deutschland haben mir alle Ärzte gesagt, ich würde nie wieder gehen können, der Rollstuhl würde mein ständiger Begleiter bleiben. Nur der Operateur in Frankreich hatte mir ein bisschen Hoffnung gemacht. Aber ich gebe nicht auf.
Ihre Frau macht mit Ihnen aber auch einiges mit...
Das kann man laut sagen. Keine Ahnung, wie viele Stunden Sie schon bei mir am Krankenbett verbracht hat. Eigentlich wollten wir uns ein paar schöne Tage machen, jetzt ist wieder alles ganz anders.
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Glauben Sie an Schicksal?
Nein, damit kann ich nicht viel anfangen, ich bin auch schon mit 18 Jahren aus der Kirche ausgetreten. Ich bin Realist, wenn mehrere hundert Radfahrer einen Berg runterfahren, wird der eine oder andere stürzen. Dieses Mal hat es mich erwischt. Ist das Schicksal? Ich nenne es lieber Zufall.
Wie kam es zu dem Unfall?
Es war ein ganz harmloser Sturz. Ich hatte mir einen Platten gefahren und war extrem langsam und vorsichtig unterwegs und plötzlich ist das Vorderrad weggerutscht, ich konnte nichts machen. Wegen des geringen Tempos schlägt man halt dann eher senkrecht ein, rutscht nicht weg. Ich habe gleich gespürt, mit meinem Bein stimmt was nicht. Deformiert sah es auch noch aus. Ich habe dann meinen Kumpel, mit dem ich gefahren bin, der aber etwas voraus war, weil ich wegen des Plattens so langsam fuhr, angerufen. Er ist dann zur Talstation. Der Sanka war schnell da, der Hubschrauber auch und dann kam ich eben ins Kranenhaus und lag kurze Zeit später auf dem OP-Tisch.
Zur Person Michael Teuber: Der 46-jährige Münchner ist viermaliger Paralympics-Sieger und mehrfacher Weltmeister, seit einem Autounfall 1987 ist er inkomplett querschnittsgelähmt.
Das Interview führte: Matthias Kerber