Mercedes-Sportchef Toto Wolff über Lewis Hamilton und die Formel 1
Am Sonntag startet die Formel 1 in die neue Saison. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff spricht über Weltmeister Hamilton und die Rivalität mit Ferrari. "Je schwieriger es wird, umso mehr Spaß haben wir."
Melbourne - Der 46-jährige Österreicher Torger Christian "Toto" Wolff ist Motorsportchef bei Mercedes. Am Sonntag (7.10 Uhr) startet in Melbourne die neue Formel-Saison (so lief das Freitag-Training), in der Silberpfeil-Pilot Lewis Hamilton seinen WM-Titel verteidigen will. Hier stellt sich Wolff den Fragen im AZ-Interview.
AZ: Herr Wolff, Sie arbeiten als Mercedes-Motorsportchef seit Jahren mit dem viermaligen Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton zusammen. Können Sie uns erklären, was den Briten als Fahrer und Mensch auszeichnet?
TOTO WOLFF: Als Fahrer ist Lewis einfach unglaublich talentiert, ja, man kann fast gesegnet sagen. Er hat eine kaum vorstellbare Fahrkunst. Er ist für mich schlicht der beste Fahrer der Moderne. Er lebt und liebt den Rennsport einfach.
Und als Mensch?
Lewis ist ein irrsinnig selbstkritischer Mensch. Das ist etwas, was die Leute da draußen gerne übersehen. Er findet an sich immer Fehler und Raum für Verbesserungen. Er ist auf der ständigen Suche nach diesem speziellen Dreh, der ihn noch besser, noch schneller macht. Er verbessert sich von Jahr zu Jahr, weil er sich eben ständig hinterfragt und an sich arbeitet. Ich genieße es, mit ihm zu arbeiten. Er ist ein Mensch, der natürlich im Fokus steht, aber dabei nie die Menschen vergisst, denen er sein Erfolg auch zu verdanken hat.
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Wie äußert sich das?
Er zeigt jedem Mitarbeiter unglaublichen Respekt. Er ist keiner, der sich über die anderen erhebt. Da ist er ganz anders als viele anderen, die es in der Vergangenheit gegeben hat. Ich denke, es ist wirklich rar, dass sich ein derartiger Superstar so in ein Team integriert und keine Sonderstellung für sich in Anspruch nimmt. Er steht mit all den Mitarbeitern, die wir haben, und die in ihren Aufgabengebieten teilweise genauso ein Superstar sind, in einer Reihe – und da fühlt er sich auch wohl.
Wie sieht es mit einem neuen Vertrag für Hamilton aus?
Wir stehen in Verhandlungen. Er war noch nie besser und es ist klar, dass wir mit ihm weitermachen wollen – und er mit uns. Der beste Fahrer und das beste Team, das ist eine Win-win-Situation.
Wolff freut sich auf Duelle mit Ferrari
Hamilton ist einer der größten Champions der Formel-1-Historie. Was unterscheidet einen Champion von einem normalen Fahrer?
Eine gute Frage, die sehr schwer zu beantworten ist. Du hast auf der einen Seite natürlich den Faktor des Talents, das dir mitgegeben wurde und für das man nicht viel kann. Dazu braucht es aber Disziplin, harte Arbeit, Selbstreflexion. Wichtig ist auch soziale Intelligenz.
Die Fähigkeit, mit Druck umzugehen, aber auch über den Tellerrand zu blicken und das große Ganze zu sehen, nicht nur die nächste Kleinigkeit. Entscheidend ist aber auch, dass man es schafft, die Menschen um sich herum auf das gleiche Niveau zu heben. Der Star bekommt mehr Aufmerksamkeit als die versteckten Champions, die ihn groß machen. Das aber nicht an sich heranzulassen, sondern die Bodenhaftung zu bewahren, ist extrem wichtig.
Wird es auch in diesem Jahr wieder den Zweikampf mit Ferrari und Sebastian Vettel um den Titel geben?
Ferrari war das Team, das definitiv den größten Sprung von 2016 auf 2017 gemacht hat. Ihr Auto war umwerfend. Ich glaube, dass der Sprung von 2017 auf 2018 ähnlich sein wird. Unsere Aufgabe ist es, dass sie uns nicht überspringen. Ich freue mich auf die Kämpfe, die wir uns auf den Pisten, aber auch hinter den Kulissen liefern werden, denn jeder wird dauernd schauen, dass er sein Auto noch besser machen wird.
Toto Wolff: Mit Ferrari verbindet uns eine Freindschaft
Wie ist denn überhaupt das Verhältnis zwischen Mercedes und Ferrari nach all den Jahren der harten Konkurrenz?
Mit Ferrari verbindet uns eine Freindschaft. Freundschaft und Feindschaft im gleichen Moment. Keine Frage, Ferrari ist eine unglaubliche Marke, ein fantastisches Produkt. Wir kämpfen jeden Tag hart und unerbittlich miteinander, aber immer mit dem allerhöchsten Respekt füreinander. Das erinnert mich ein bisschen an Rugby. Wir kämpfen so hart es geht, aber wir können uns danach immer in die Augen sehen – und auch zusammen ein Bier trinken.
Ferrari ist also ein großer Ansporn für Mercedes?
Wir wollen die harten Kämpfe, die Auseinandersetzungen mit Ferrari und den anderen Teams auf der Strecke, das lässt unser aller Herzen höherschlagen. Die schönsten Erfolge sind ja nicht die, die einem geschenkt werden, sondern die, die man sich hart erkämpft, wo man vielleicht auch zittern muss. Je härter, je schwieriger es wird, umso mehr Spaß haben wir dabei. Wir lieben Konkurrenz.

Genau wie die Fans, die von der Formel 1 zuletzt teils gelangweilt waren.
Wir lieben Zweikämpfe und spannende Rennen genau wie die Fans, wie jeder Motorsport-Enthusiast, denn wir sind genau das: Menschen, die den Motorsport in ihren Herzen tragen. Deswegen lieben auch wir den Zweikampf, die Herausforderung durch unsere Kontrahenten. Denn sie zwingen uns jeden einzelnen Tag dazu, dass wir versuchen, besser zu werden.
Sie pushen uns an die Grenzen und das Merkmal von Champions ist, dass sie sich eben nie zurücklehnen und auf den Lorbeeren ausruhen, sondern, dass sie immer auf der Suche nach der Verbesserung, ja, der Perfektion sind. Die wird man nie erreichen, aber man kann danach streben.
Ausgezeichnet: Ein Laureus für Mercedes-Sportchef Toto Wolff
Red Bull um Max Verstappen dürfte auch ein Wörtchen bei der Titelvergabe mitreden.
Sie haben ja schon sehr viele WM-Titel in der Vergangenheit gewonnen. Und sie haben ein sehr gutes Team zusammengestellt, das das Auto verbessert und weiterentwickelt hat. Sie sind auch auf der Piste tolle Konkurrenten. Verstappen kämpft extrem hart. Er ist ein zukünftiger Superstar.
Einen Titel haben Sie ja immerhin schon gewonnen, Sie wurden beim Laureus, dem Sport-Oscar, als Team des Jahres ausgezeichnet.
(lacht) Es ist immer gut, wenn man vor dem Saisonbeginn seine Hände an eine Siegertrophäe kriegt. Ich hoffe, dass es nicht der einzige Pokal sein wird, den wir in dieser Saison holen werden.
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