„Mein Sohn hat mehr Talent als ich damals“
AZ: Herr Pesic, in der Euroleague ist der FC Bayern ausgeschieden, im Eurocup dafür ungeschlagen ins Achtelfinale eingezogen. In der Liga gab es Höhen und Tiefen. Wie fällt Ihre bisherige Bilanz aus?
MARKO PESIC: Wir hatten eine sehr schwierige erste Hälfte der Saison, die wir sehr gut gemeistert haben. Bei uns haben ständig Spieler gefehlt – fast haben die Ärzte die Mannschaft aufgestellt. Bei Borussia Dortmund sieht man, wie sehr das mit so vielen Verletzten nach hinten losgehen kann.
Welchen Anteil hatte der Trainer, dass man die schwierige Phase so überstanden hat?
Meiner Meinung nach den größten, aber auch Muki und Andreas (die Co-Trainer Emir Mutapcic und Andreas Wagner, d. Red.). Es ist so: Die Erfahrung, mit Ausnahmesituationen umzugehen, kannst du nicht in einem Buch nachlesen.
Ihre Verträge laufen aus. Svetislav Pesic hat gesagt: „Bayern ist mein erster Ansprechpartner.“
Das ist sicher auch so, und ich kann verraten, dass sich hierzu alle Beteiligten soeben das erste Mal sehr harmonisch an einem Tisch ausgetauscht haben. Ich denke, dass wir bis Ende Februar eine Entscheidung treffen werden.
Kann die Entscheidung auch in die andere Richtung gehen?
Selbstverständlich. Wir haben eine Idee, was wir können, was wir wollen, und dann muss man sehen, ob ihn das motiviert, weiterzumachen oder nicht. Das ist eine ziemlich einfache Rechnung. Da muss man die Emotion rausnehmen.
Svetislav ist Ihr Vater. Wie ist Ihr Gefühl?
Mein Gefühl ist, dass es deutlich von ihm abhängt. Ob das, was wir ihm mit dem Projekt bieten können, motiviert, weiterzumachen. Aber ich glaube, dass wir das hinbekommen.
Wie ist es, mit dem eigenen Vater Verhandlungen zu führen?
Das mache ich ja nicht alleine. Wir sitzen immer mit dem Präsidium und meinem Geschäftsführer-Kollegen Volker Stix zusammen.
Trotzdem wohl nicht einfach...
Wissen Sie, die Sache ist die: Basketball ist unser Leben und was ich hier mache, ist der beste Job, den man haben kann. Sobald jemand denkt, dass er über dem Verein steht, wird es sehr, sehr schwierig. Das gilt für mich, Spieler, Trainer – für alle. Man hat immer im Kopf: Wir tun das Beste für den Verein. Wenn man das verinnerlicht, ist es eigentlich ziemlich einfach.
Ihr Sohn Luca spielt auch bei Bayern Basketball. Sehen wir ihn irgendwann bei den Profis?
Mein Sohn spielt in der U10. Ich war aber noch nie beim Training oder bei einem Spiel.
Warum?
Er muss sich da alleine durchkämpfen. Er muss gut sein, talentiert sein und nicht vorankommen, weil ich mich da einmische. Das macht alles meine Frau, da halte ich mich ganz bewusst raus.
Wie talentiert ist er?
Er liebt Sport. Sei es Fußball, Handball, Tennis – er guckt wirklich gerne Sport. Im Basketball kennt er sich sehr, sehr gut aus. Soweit man das bei einem 10-Jährigen schon sagen kann, glaube ich, dass er mehr Talent hat als ich damals.
Wenn er dazu noch fleißig ist...
Wenn ich sehe, wie er mit meinem Vater etwas macht... Ich hätte immer gesagt: „Ach, lass mich in Ruhe. Ich möchte jetzt nicht...“ Doch er ist immer mit 150 Prozent dabei. Ich war nicht so, ich wollte ja in Sachen Basketball früher nie etwas mit meinem Vater zu tun haben, sondern auf eigenen Beinen stehen.
Klingt nach zukünftigem Profi.
Das ist seine Entscheidung. Fußball spielt er auch im Verein. Für mich zählt aber nur die Schule. Da ist er gut. Jetzt ist er in der vierten Klasse.
Bleibt als Geschäftsführer und Sportdirektor noch genug Zeit für den Sohn?
Ja. Das Gute ist: Wir haben die gleichen Interessen. Wenn ich zuhause bin, schauen wir Sport. Wir unternehmen schon ziemlich viel. Er ist oft in unserer Halle, auch bei den Spielen.
Neulich haben Sie ein Bild geteilt mit ihm und Fußballer Arjen Robben. Luca ist also ebenso von Bayern infiziert wie Sie?
Ja, noch mehr als ich. Er war mit beim Auswärtsspiel der Basketballer in Tübingen, da waren ein paar Fans dabei, die auch in der Südkurve der Allianz Arena stehen. Dann hat er sie gefragt, ob er auch mal mit darf (lacht). Die Fans haben ihm dann erklärt, dass er noch zu jung ist, aber mit 16,17 dann vielleicht. Also er ist schon Vollblut-Bayernfan.
Sie tauschen sich häufiger mit Matthias Sammer aus. Worüber sprechen Sie?
Matthias ist jemand, der über den Tellerrand schaut. Er schaut, wie Basketball funktioniert. Wenn es keinen Fußball gäbe, würde Matthias Fußball erfinden, um darüber reden zu können. Er ist so sehr im Sport drin und identifiziert sich damit, dass du immer etwas lernen kannst, wenn du mit ihm sprichst. Mit Matthias kannst du zwölf Stunden am Stück über Sport sprechen.
Ein Beispiel?
Seine Philosophie über Führungsspieler, wie eine Mannschaft sich zusammenstellt, das ist sehr, sehr interessant. Manchmal ist aber auch spannend zu sehen, wie er zu einer Entscheidung kommt, was er dabei alles berücksichtigt. Es geht nicht immer direkt um Sport, sondern um die Prozesse. Matthias hat einen unglaublich großen Erfahrungsschatz, aus dem man sich immer etwas herausnehmen und für sich verwenden kann.