Mein Bub, der Star

„Wann hat Deutschland, wann hat die Welt schon so ein Talent gehabt?“ Das sagt der Vater über Jonas Folger (15). Hier erklärt der Papa, wie diese Karriere entstand – und worum er sich sorgt
Von Florian Kinast
AZ: Herr Folger, haben Sie Angst um Ihren Sohn?
JAKOB FOLGER: Angst weniger. Nur Zweifel manchmal. Ob das alles nicht zu früh gekommen ist, zu schnell. Der Bub ist 15. Aber soll ich ihn einbremsen und sagen: Du, Jonas, fahr mal langsamer. Im Moment läuft das halt alles optimal. Märchenhaft. Der ist halt ein Besessener, aber das war er schon als Kind.
Er sagt, er wusste schon als Erstklässler, dass er Rennfahrer werden will.
Hat er auch. Aber ich hab’ ja auch nicht gewusst, ob ich das ernst nehmen soll. Andere wollen Astronaut werden oder Lokführer. Das sind Kinderträume. Nur bei ihm hat es nix anderes mehr gegeben. Ich habe ihm immer gesagt: Wenn Du nicht magst, dann brechen wir das ab. Aber er wollte. Und dann ist er mit zwölf runter nach Spanien.
In die berüchtigte Motorrad-Akademie, wo harte Auslese betrieben wird.
Richtig. Der Jonas ist als einer von Dreien übrig geblieben. Drei Jahre war er dort, die eine Hälfte des Jahres da unten, die andere daheim.
Und Sie wollten nicht, dass er stattdessen vernünftig zur Schule geht und eine Ausbildung macht?
Das war schwierig. Inzwischen hat er seinen Quali, aber es gab ja keine Alternative. Wenn die Spanier kommen und fragen: Willst du Rennfahrer werden, da kümmern die sich nicht um die Schulausbildung. Fragen Sie mal Rossi, Stoner, Caipirossi, was die für eine Schulausbildung haben. Keine. Der Casey Stoner ist mit 13 mit seinen Eltern von Australien nach England ausgewandert, die haben Haus und Hof verkauft und im Wohnwagen gelebt. Die haben alles dem Motorradl untergeordnet, bis der Bub dann entdeckt worden ist.
Stoner fuhr auch schon mit 15 in der WM. 2007 war er dann Weltmeister. Wann holt Ihr Sohn den Titel?
Kann man nicht sagen. So wie es ausschaut, wird er fest im Rennsport bleiben. Wann hat Deutschland, wann hat die Welt schon so ein Talent gehabt. Das klingt jetzt sehr selbstbewusst, aber die Fakten sprechen für sich. Der Stefan Bradl ist auch ein Riesentalent, keine Frage, aber der ist auch schon 19, und der Jonas erst 15.
Vater Helmut Bradl sagte einmal, in der Motorrad-WM gehe es auch untereinander im Fahrerlager so herzlich zu wie in einem Haifischbecken.
Ja, aber haben wir das nicht überall, wo heute professionell Business betrieben wird. Wenn ich heute im Leben Haifischbecken vermeiden will, dann brauche ich ja gar nix mehr anfangen. Schauen Sie sich doch mal „Deutschland sucht den Superstar" an. Das ist ein Piranhabecken. Da wird jeder zerfleischt, da kommt keiner mehr lebendig raus.
Nicht mal der Sieger.
Nein, nicht mal der. Der wird ausgenommen, verwendet, weggeschmissen, und dann kommt der nächste. Und im Sport ist es halt so, dass dann auch mal einer kommt, der besser ist als der Beste. Ein Valentino Rossi wird auch einmal seinen Meister finden.
Vielleicht in Ihrem Sohn. Befürchten Sie nicht, dass er mal abheben könnte?
Nein. Und wenn er sich einbildet, der Größte zu sein, dann fängt er sich eine Watschn ein. Denn damit würde er mir ins Gesicht treten. Nur, wie wollen sie einen Buben mit 15 komplett am Boden halten. Das geht nicht. Und das will ich auch nicht. Ich will ihn auch laufen lassen.
Und wie weit?
Bis er selbst auch seine Grenzen erkennt. Wenn er meint, er muss bis zwei in der Früh Party machen und fünf Flaschen Cola trinken, ja, dann lassen wir ihn halt einmal auflaufen, wenn ich ihn dann am nächsten Tag aufs Radl setze, und er dann merkt, dass er sich so etwas nicht leisten kann. Man muss die Buben in dem Alter auch mal Schmarrn machen lassen.
So wie Sie selbst früher?
Natürlich. Ich war mit 13 vor dem Jugendrichter, weil ich auf dem Moped schwarz gefahren bin. Und wenn ihm das passiert oder sie ihn aus der Disco rausziehen, dann steht er halt dafür gerade und macht seine Sozialstunden. Aus diesen Erfahrungen muss er alleine lernen. Wenn ich ihm helfen kann, dann etwa, indem ich die ganzen Anfragen abfedere.
Da gibt es derzeit wohl eine ganze Menge.
Die Woche war der Irrsinn. 15, 20 Anrufe jeden Tag, das Fernsehen war da. Alle wollten sie was wissen vom Jonas, langsam wird das schon fast zu viel.
Da blieb nicht viel Zeit für Ihren Sohn, sich zu erholen.
Nein. Und die Terrasse geputzt und den Rasen gemäht hat er auch noch. Wenn er schon mal da ist. Ich denke, ansonsten hat er ein sehr lockeres Leben. Wir als Eltern haben immer versucht, den besten Weg für ihn zu gehen. Ob es der richtige war, weiß ich auch nicht. Wenn ich das wüsste, wäre ich Professor. Aber ich bin ja nur ein normaler Mechaniker.