"Manche mögen nicht, dass Frauen Rennen fahren"
Rennfahrer-Treffen in der AZ-Redaktion. Die Audi-Piloten Rahel Frey und Martin Tomczyk über ihre Premiere im Münchner Betonrondell, Fahren im 1. Gang und das Duell Frau gegen Mann.
Herzlich willkommen bei der AZ, Frau Frey, Herr Tomczyk, wir fragen uns seit Tagen, wie man im Olympiastadion ein Rennen fahren soll. Also, wie geht das?
RAHEL FREY: (lacht) Momentan wissen wir das auch noch nicht. So ein Rennen im Stadion, das ist für uns alle absolutes Neuland. Aber ich bin sicher, dass wir viel Spaß haben werden am Wochenende.
Was halten Sie als Fahrer generell von so einem Showrennen im Stadion?
FREY: Es wird eine sehr interessante Erfahrung. Wir fahren ja immer zwei Fahrer gegeneinander, auf das K.o.–System Freude ich mich sehr. Aber richtiges Racing ist es natürlich nicht, wenn du immer nur im 1. oder 2. Gang fährst.
MARTIN TOMCZYK: Todernst wird das von uns sicher niemand nehmen, wir wollen in erster Linie zusammen mit den Zuschauern ein spaßiges Wochenende feiern. Aber ich kann versprechen, dass wir uns harte Duelle liefern werden. Jeder will der erste Stadionmeister werden.
FREY: Für die Zuschauer sind solche Events super. Und wenn gute Stimmung ist, treibt uns das erst recht an.
TOMCZYK: Ich kriege jetzt schon eine Gänsehaut, wenn ich mir die Stimmung im vollen Olympiastadion vorstelle.
Welche Höchstgeschwindigkeit können Sie im Olympiastadion erreichen?
RAHEL FREY: Die meiste Zeit werden wir im ersten Gang fahren, manchmal auch im Zweiten. Ich glaube, so 80 oder 90 Stundenkilometer.
MARTIN TOMCZYK: Ach, 130, 140 km/h werden wir schon schaffen. Das Auto beschleunigt schnell.
FREY: (lacht) Das erfüllt jetzt natürlich wieder jedes Mann-Frau-Klischee. Wir werden sehen. Es sind ja nur 40 km/h Unterschied zwischen unseren Prognosen...
TOMCZYK: Ehrlich gesagt, ist es für einen Rennfahrer immer schwer, die Geschwindigkeit abzuschätzen. Und es ist uns auch nicht wichtig. Wir haben keine Tachos im Auto. Wir fahren halt so schnell es geht.
Frau Frey, Sie sind eine von nur zwei Frauen in der DTM. Hatten Sie je Probleme damit, ernst genommen zu werden?
FREY: Unter den Fahrern ist das überhaupt kein Problem – und auch kein Thema. Wir sind alle Rennfahrer.
Hat man bei den Fans vielleicht sogar einen Bonus?
FREY: Nein, das glaube ich nicht. Manche Zuschauer lehnen es auch ab, dass Frauen Rennen fahren. Aber damit muss man leben.
Herr Tomczyk, was meinen Sie dazu?
TOMCZYK: Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass Frauen dabei sind, im Gegenteil. Das ist bei uns normal.
FREY: Er darf natürlich auch nichts Negatives sagen...
In kaum einer anderen Sportart kämpfen Frauen gegen Männer. Ist das fair?
FREY: Ich kenne es nicht anders, ich bin von Anfang an gegen Jungs gefahren. Außerdem stelle ich mir eine Rennserie nur für Frauen langweilig vor, so viele gibt es ja nicht.
Wieso eigentlich nicht?
TOMCZYK: Es fangen einfach nicht so viele an. Motorsport ist von Anfang an sehr teuer – und Motorsport ist nachwievor eine Männerdomäne. Es ist schwer, Frauen zu finden, die anfangen wollen.
Wie kam’s bei Ihnen dazu?
FREY: Durch die Familie. Mein Vater ist früher Kart- und Bergrennen gefahren. Ich bin quasi auf der Rennstrecke aufgewachsen und wollte irgendwann auch selbst fahren.
Generell soll es ja Leute geben, die Rennfahren nicht für Sport halten...
Tomczyk: Die sollen sich mal in unsere Autos setzen. Wir sitzen da im Rennanzug, Helm und feuerfester Unterwäsche permanent in einem 50 Grad heißen Auto. <QA0>
FREY: Das ist Sauna pur...
TOMCZYK: Wir haben mal während eines Rennens den Puls gemessen: Der liegt bei mir permanent bei rund 160, bei Boxenstopps und am Start sogar zwischen 160 und 190 – untrainierte Menschen würden da Schwierigkeiten bekommen. Wir müssen da noch eine Stunde voll konzentriert sein und ein Rennen fahren.
Wie trainieren Sie?
TOMCZYK: Wir trainieren Ausdauer, Joggen, radeln. Beim Krafttraining muss ich aufpassen, nicht zu viel Muskelmasse aufzubauen; ich muss ja ins Auto passen. Rahel hat das Problem natürlich nicht...
FREY: Stimmt, ich kann alles machen, wir Frauen können auch Klettern, Rudern, Langlauf im Winter.
Könnten Sie Ihr Auto selbst reparieren?
FREY: Dann wäre ich Mechanikerin, nicht Rennfahrerin. Aber wir haben zu Hause ein Autohaus, ich kenne mich aus.
TOMCZYK: Wir alle könnten PKW bis zu einem gewissen Punkt selbst reparieren. Du brauchst ja das technische Verständnis, um gegenüber deinen Mechanikern und Ingenieuren gute Aussagen machen zu können. Aber beim Rennauto hört’s auf.