„Man wird nicht jünger“
Hier erklärt der rennfahrende Hobby-Kicker Michael Schumacher, warum er ausgerechnet beim Fußball sein Alter spürt – und mit 41 Jahren immer noch vom achten WM-Titel träumt
Von Jürgen Kemmner
AZ: Herr Schumacher, Sie haben von einem „Lernprozess“ gesprochen, den Sie gerade in Ihrem ersten Jahr bei Mercedes erfahren. Kann man mit 41 Jahren noch dazulernen?
MICHAEL SCHUMACHER: Definitiv! Genau darum geht es. Du musst in jeder Zeit die Möglichkeit haben, auf die verschiedenen Situationen zu reagieren. Der Unterschied ist, dass ich heute im Vergleich zu früher mehr Erfahrung habe - aber ich stehe immer wieder vor Situationen, die ich noch nicht kenne. Da darf man nicht die Einstellung haben: Das war früher so, das muss auch noch heute so sein.
Der achte WM-Titel bleibt das Ziel?
Exakt, mein Ziel ist, innerhalb von drei Jahren die Meisterschaft zu gewinnen - je früher desto besser, vielleicht geht es ja auch schon in zwei. Realistisch könnte es schon nächstes Jahr möglich sein.
Was macht Sie da so sicher, dass das möglich sein wird - besonders mit Blick auf Ihren Teamkollegen Nico Rosberg, der auf dem Papier derzeit besser ist als Sie.
Auf dem Papier ist richtig. Es gibt sicherlich viele Anhaltspunkte, wo man sagen könnte, er ist besser. Ich weiß aber aus den Details, warum er besser war. Und ich weiß, was ich hätte machen können. Das stimmt mich zuversichtlich, dass ich das hinkriegen werde.
Und die Rangfolge umdrehen.
Man muss ganz klar sehen: Nico ist ein Toppilot. Ich würde sogar behaupten, er ist der schnellste und beste Teamkollege, den ich je hatte. Da ist nicht viel Spielraum, was er aus dem Auto rausholt. Fakt ist, dass ich nicht immer die 100 Prozent aus dem Auto raushole. Ich bin mir aber sicher, dass das kommen wird. War es für Sie überraschend, dass Nico so schnell ist?
War es für Sie überraschend, dass Nico so schnell ist?
In Anführungsstrichen: ja. Von außen gesehen war's nicht so offensichtlich. Das muss man schon sagen. Dass er schnell ist, das war mir schon klar - stark, wie präszise und konstant er fährt.
Ärgert es Sie, wenn Außenstehende, Experten oder Fans, ein negatives Urteil über Sie und Ihr Comeback fällen?
Nein, mit kritischen Fragen und Urteilen kann ich umgehen - ich bin ja mit mir selbst auch kritisch. Wenn die Kritiken gemein sind, dann stört es natürlich. Aber gewisse Dinge kann ich nicht erwarten - etwa, dass Details von außen erkannt und auch verstanden werden. Selbst ich stehe manchmal ja vor Fragezeichen, die ich nicht sofort auflösen kann. Wie soll dann einer von außen, der nicht mit der Materie so vertraut ist wie ich, sich ein richtiges Bild davon machen.
Vor zehn Jahren wurden Sie von Kritikern als Rennroboter tituliert. Sind Sie heute lockerer, geduldiger?
Es ist ganz klar, dass ich lockerer mit Situationen umgehe. Ich kann gewisse Dinge beeinflussen, andere nicht - ich konzentriere mich deshalb nur noch auf das, was ich beeinflussen kann, was wichtig ist für mich und das andere lasse ich eben so laufen. Fakt ist aber auch, als ich damals konstant erfolgreich war, gab es auch immer Phasen, in denen es nicht so gut gelaufen ist - und damals bin ich dann genauso in die Mühle geraten, wie ich heute wieder in die Mühle gerate. Wenn es zwei Rennen schlecht läuft, taucht gleich schon die Frage auf, ob ich noch gut Autofahren kann.
Ist Ihre Gelassenheit etwas Neues?
Sie ist offensichtlich anders. Ich war früher verbissener, da hat mir die Pause sicherlich gutgetan.
Schalten Sie auch mal von der Formel 1 ab?
Nein, das ist im Unterbewusstsein immer präsent. Ich muss aber auch nicht diesen Schnitt haben, es ist ja nicht so, dass mich meine Arbeit belastet. Ich bin hier, weil es mir Spaß macht, weil es mich motiviert, weil es eine Herausforderung ist. Deshalb verspüre ich gar nicht das Bedürfnis, einen Schalter umzulegen.
Wird heute härter gefahren als früher?
Dieser Eindruck, dass im Mittelfeld mehr gekämpft wird, dass es bis ans absolute Limit geht, das war früher in meinen Augen tatsächlich seltener. Definitiv sind mehr Fahrer kompakter zusammen. Heutzutage haben wir ein sehr enges Feld von Position eins bis 15, die sind innerhalb einer Sekunde. Dann kommen noch paar Autos, die sind drei Sekunden weg. Das bringt eine höhere Dichte, da kommt es häufig zu Positionskämpfen und die sind enger und heftiger als früher.
Ihre Fitness ist fast schon sprichwörtlich - fühlen Sie sich noch wie mit 25?
Meine Fitnesswerte sind uneingeschränkt hoch und gut. Wo ich mein Alter aber spüre, ist, wenn ich früher zwei, drei Stunden Fußball gespielt habe, war's kein Problem. Heute zwickt's am nächsten Tag dann hier und dort.
Müssen Sie einen höheren Aufwand betreiben, um diese körperliche Fitness zu erhalten?
Ich trainiere bewusster und fokussierter, ich teile mir meine Energie besser ein. Keine Frage, man wird nicht jünger.
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