Kretzschmar-TV: Almhütten und etwas Handball
Während seine Nachfolger sich in Österreich bei der EM in der Halle schwer tun, glänzt der frühere Weltklasse-Linksaußen mit eher abseitigen Themen: „Anfangs hatte ich Berührungsängste.“
INNSBRUCK Stefan Kretzschmar spricht verschwörerisch leise ins Mikrofon und zwinkert in die Kamera. „Wir werden noch mal eingreifen, die sogenannte Goldene Generation“, sagt der einstige Nationalspieler und weist aufs Parkett der Olympiahalle, wo sich Christian Schwarzer und Daniel Stephan Handbälle zuwerfen. Doch alles ist nur ein Gag, aufgezeichnet für „Kretzsches Tagebuch“ im DSF. Statt der deutschen Nationalmannschaft bei der EM in Innsbruck mit Schwung und Ideen zu helfen, analysieren Kretzschmar und Schwarzer als Fernsehexperten kritisch das schwache Spiel ihrer Nachfolger.
„Man scheint über unseren Senf zufrieden zu sein. Wir können Dinge weitergeben, die nicht jeder weitergeben kann“, befindet Christian Schwarzer. Der einstige Weltklasse-Kreisläufer erklärt die deutschen Spiele im ZDF. „Ich analysiere, erkläre und erzähle auch, was nach einem Spiel abläuft. Das sind alles Dinge, die nur ich als ehemaliger Spieler kennen kann“, so der 40-Jährige.
Die EM in Österreich ist für den Europameister von 2004 und Weltmeister von 2007 bereits das dritte große Turnier als Experte. Statt auf dem Spielfeld steht er dabei auf der sogenannten Presenter-Position, einem Gerüstturm neben dem Parkett. Von dort aus beobachtet und bewertet er das Spiel der deutschen Mannschaft und veranschaulicht dies für die Zuschauer auf dem elektronischen Zeichenbrett. „Daran musste ich mich erst gewöhnen, aber inzwischen ist es Normalität geworden. Das ist wie Malen nach Zahlen“, erzählt der Niedersachse, der hauptberuflich als Jugendkoordinator beim Deutschen Handballbund (DHB) angestellt ist.
Weniger ernsthaft laufen die Experten-Tage von Stefan Kretzschmar ab. Für sein Tagebuch besucht er Almhütten, rodelt die Berge hinunter oder treibt eben mit seinen früheren Team-Kollegen Sport. Zusätzlich interviewt er die Trainer. Damit hat er Neuland betreten. „Ich hatte anfangs Berührungsängste“, gibt er zu, „die Trainer reagieren mir gegenüber anders. Sie sind sehr nett und bemühen sich.“
Der frühere Linksaußen hat wie Schwarzer „super viel Spaß“ bei seiner Fernsehtätigkeit. „Ich verbinde das Angenehme mit dem Nützlichen. Ich kriege noch Geld, wenn ich was Schlaues sage. Ich bin im Fernsehen gut aufgehoben, ich kann mich ausdrücken und stelle mich nicht ganz bekloppt an. Aber du musst auch Fachkenntnis haben und kannst nicht nur Anglerlatein daherreden“, behauptet der 36-jährige Ex-Sportdirektor des SC Magdeburg.
Für ihn ist es kein Zufall, dass Vertreter der „Goldenen Generation“ mit ihm, Schwarzer und dem einstigen Welthandballer Stephan, der Bundesliga-Partien im DSF mitkommentiert, die Expertenrolle im TV einnehmen. Kretzschmar: „Wir sind eine Generation, die erfolgreich war, noch genügend Bezug zu unserem Sport hat – aber nicht mehr so dicht verbunden mit der Mannschaft ist.“
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