„Jeder Gipfel ist doch ein Erlebnis!“

Er war auf dem Mount-Everest, ein Wanderweg ist nach ihm benannt. Bergsteiger-Urgestein Peter Habeler geht noch immer gerne in die Berge – und vermisst den Respekt vor der Natur
Peter Habeler (70) hatte 1978 Alpingeschichte geschrieben. Zusammen mit Reinhold Messner schaffte er erstmals die Besteigung des Mount Everest ohne künstlichen Sauerstoff. Doch schon zuvor gelangen dem in Mayrhofen im Zillertal beheimateten Peter Habeler spektakuläre Erstbegehungen in den Rocky Mountains und in den peruanischen Anden. 1974 hatte er zusammen mit Messner die Eiger Nordwand in Rekordzeit bezwungen. Das Gehen ist für ihn eine meditative Beschäftigung. Für seine alpinen Leistungen erhielt er 1999 den Professorentitel. Und zu seinem 70. Geburtstag wurde mit der Peter-Habeler-Runde ein neuer Höhenweg mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden rund um Mayrhofen vorgestellt.
AZ: Herr Habeler, was ist Ihre bevorzugte Sportart?
PETER HABELER: Natürlich Bergsport wie früher auch. Bergsteigen, Klettern in allen Varianten mache ich mit großer Begeisterung.
Was ist für Sie das Besondere am Bergsport?
Es ist eine tolle Bewegung in unterschiedlichsten Umgebungen vom Fels bis zum Gletscher, zu schönen Hütten. Das kann man bis ins hohe Alter machen und unvergessliche Naturerlebnisse genießen. Es gibt immer wieder neue Situationen, und es erfordert auch eine gewisse Klugheit, in der Natur zurecht zu kommen. Hinter jeder Ecke versteckt sich etwas Neues, Schönes.
Und dann natürlich der Gipfel?
Klar. Der Gipfel ist das Erfolgserlebnis schlechthin. Da mag der Körper noch so müde sein, der Geist ist hellwach. Und dort begegnen einem oft Menschen, die die selbe Leidenschaft haben und in dem Moment die selbe Euphorie.
Ist der Ehrgeiz noch wie früher?
Der ist immer noch da und der ist auch sehr wichtig. Man will auf den Gipfel, das treibt einen an. Der Ehrgeiz muss dabei in richtigem Maße vorhanden sein. Dann tut er auch gut.
Und wo sind Sie am liebsten unterwegs?
Bei mir zuhause im Zillertal gibt es viele schöne Touren mit so ziemlich allen Schwierigkeitsgraden. Und es gibt jetzt die „Peter-Habeler-Runde“, eine rund 60 km lange Rundwanderung mit sieben Hütten und einer sehr abwechslungsreichen Strecke über Almwiesen, Stein und Geröll. Die kann sich jeder individuell mit Etappen von 2,5 bis 8 Stunden einteilen.
Ihr schönstes Erlebnis in den Bergen?
Eigentlich ist jeder Gipfel das schönste Erlebnis. Aber natürlich war der Mount Everest vor 35 Jahren der absolute Höhepunkt. Auch wenn er nicht der schwerste Gipfel war. Da war der Nanga Parbat anspruchsvoller. Der Everest war auch deshalb was Besonderes, weil damals viele Leute geglaubt haben, dass wir das nicht schaffen würden.
Und das unschönste?
Das Unschönste? Na ja. Das hab’ ich eigentlich nicht gehabt. Klar, es gab oft Abstürze und ein Umkehren. Aber das sind Dinge, die man akzeptieren muss. Und vor allem: ich habe sie alle überlebt.
Wenn Sie in den Bergen unterwegs sind, welche Fehler sehen Sie besonders oft?
Viele Menschen verstehen die Komplexität der Natur nicht. Sie unterschätzen die Naturgewalt und bewegen sich nicht richtig in den Bergen. Man muss Respekt lernen und sich mit Dingen wie Gewitter und Steinschlag auseinandersetzen. Und man muss ein Gefühl für die Zeitplanung bekommen. Natürlich findet man heute unendlich viele Informationen im Internet. Aber das alles muss man dann auch in der Praxis umsetzen können.
Was sollte man am besten vorbeugend dagegen tun, dass man sich bei der Bergtour nicht überbeansprucht?
Die richtige Selbsteinschätzung ist heute ein wichtiges Thema. Gerade wo heute alles als machbar dargestellt wird und wo an allen Ecken Extremsportler gezeigt werden, die in den Bergen unglaubliche Dinge schaffen. Aber das sind keine Freizeitsportler, sondern Profis mit entsprechender Ausbildung und Vorbereitung. Wer sich in den Bergen nicht sicher ist, der sollte sich am besten einem erfahrenen Führer anvertrauen.