Ist Boris Becker ein richtiger Tennis-Trainer?
DUBAI Sie wollten das neue Traumpaar der Bumm-Bumm-Branche werden, doch nach gerade mal dreimonatiger Zusammenarbeit steckt die Tennis-Liaison zwischen dem ehemaligen Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic und der deutschen Tennis-Legende Boris Becker in einer handfesten Krise. Die Bilanz des Djokers, der die Tennis-Branche jahrelang dominiert hatte, ist unter seinem neuen Trainer ernüchternd. Der 26-Jährige hat 2014 bereits zwei Titel verspielt: Erst den bei den Australian Open, nun den in Dubai.
Dort im Halbfinale hatte Djokovic gegen den wiedererstarkten Roger Federer mit 6:3, 3:6, 2:6 den Kürzern gezogen. Zuvor hatte er Federer, der das Finale gegen Tomas Berdych auch gewann, drei Mal en suite vom Platz gefegt. Mit hängendem Kopf und ebensolchen Schultern hatte Becker nach dem neuerlichen Scheitern die Tribüne mit Leichenbittermiene verlassen, äußerst schwerfällig obendrein. „Kompliment an Roger. Wir haben gesehen, woran wir arbeiten müssen“, rang sich Becker danach ab.
Djokovic selber gab den Tennisspieler der traurigen Gestalt. „Ich brauche noch Zeit, um wieder Anschluss zu finden. Mir fehlt die Matchpraxis, um die Partien auf höchstem Niveau durchzuspielen. Er hat die wichtigen Punkte gemacht, Federer ist ein großer Champion“, sagte Djokovic, den nun jene Selbstzweifel quälen, die Federer im vergangenen Jahr vom Überspieler zum Zauderer gemacht hatten. Fehlende Matchpraxis, ja – aber vielleicht auch der falsche Coach?
Becker, der zuletzt ja eher mit seiner Frauengeschichten-Enthüllungs-Biographie und peinlichen Fernsehauftritten – etwa bei Oliver Pocher – für Aufsehen und Kopfschütteln gleichermaßen gesorgt hatte, verfügt bekanntlich über keinerlei Trainererfahrung. Und es gibt nicht wenige, die da auch an seinen Fähigkeiten zweifeln. Beckers ehemaliger Manager und Berater Ion Tiriac gehört dazu. „Ich weiß nicht, ob Boris ein guter Trainer ist. Ich weiß nicht mal, ob er überhaupt ein Trainer ist.
Vielleicht versucht Boris, ein Trainer zu werden“, sagte der 74-Jährige der „Bild am Sonntag“, „wenn Boris versuchen sollte, die Technik und die Schläge von Djokovic zu verbessern, ist er der falsche Mann für den Job. Man kann einem Weltklassespieler wie Novak in dieser Hinsicht nichts mehr beibringen. Für Spieler seines Kalibers braucht es jemanden, der über das Spiel mehr weiß als er selbst. Der ihn im Gedanken führen kann.
jemanden, der ihm die Schläger trägt. Ein Trainer muss seinem Spieler die entscheidenden Prozente vermitteln, damit er einzigartig wird.“ Bisher steckt Djokovic seit der Kollaboration mit Becker in der Krise. Das Aus in Dubai, die Schwäche in den entscheidenden Phasen bereiten echte Sorgen. All das hatte sich bei den Australian Open schon angedeutet. Dort hatte Djokovic drei Mal in Folge gewonnen, er hatte 14 Mal en suite bei Grand-Slam-Turnieren zumindest das Halbfinale erreicht, war in 28 Spielen hintereinander als Sieger vom Court gegangen, doch in Melbourne scheiterte er im Viertelfinale. So früh wie seit 2010 (bei den French Open) nicht.
Dabei hatte Djokovic noch geschwärmt, als er Becker anheuerte, um seine „mentale Stärke“ zu verbessern: „Ich bin total begeistert, die Möglichkeit zu haben, mit Boris zu arbeiten. Er ist eine wahre Legende.“ Jetzt muss Boris zeigen, ob er wirklich mentale Stärke vermitteln kann. Sonst ist er wohl wirklich der falsche Mann.