"Im Stich gelassen"

Trainer Phil Hickey hat die Cowboys mitten in der Saison verlassen und in Braunschweig angeheuert. Münchens Präsident spricht von einer „unschönen Abwicklung” – und will die Kosten ersetzt haben
von  Joscha Thieringer
© LakoPress

München - Mitten in der Saison ist den Munich Cowboys der Trainer davongelaufen, doch Werner Maier bleibt gelassen. „Was soll ich denn sonst machen? Mich auf den Boden werfen und heulen?”, fragt der Präsident des Football-Bundesligisten lapidar.


„Das Leben geht weiter, auch ohne Phil Hickey. Natürlich war ich nicht erfreut, als er uns am vergangenen Donnerstag mitteilte, dass er in vier Tagen Cheftrainer in Braunschweig ist. Aber seine persönlichen Gründe kann ich nachvollziehen. Es hat ihn psychisch stark belastet, dass seine Frau und die beiden Söhne (Cole, 9 und Connor, 11, d.Red.) in Berlin leben. Von Braunschweig sind es eben nur noch zwei Autostunden zu ihnen.”

Ob Phil Hickey, der 1993 als Quarterback mit den Munich Cowboys die Meisterschaft holte und dort seit Anfang 2010 Headcoach war, mit so viel Verständnis gerechnet hat? „Er hat uns keine Wahl gelassen”, sagt Maier.

Erst am Dienstag einigten sich die Cowboys mit den Braunschweig Lions über die Konditionen der Vertragsauflösung. „Die Abwicklung war ziemlich unschön”, kritisiert Maier, „es war unprofessionell von den Lions, dass sie den Wechsel schon auf ihrer Homepage vermeldet haben, bevor mit uns grundlegende Dinge geklärt waren.” Eine Ablösesumme haben die Cowboys nicht erhalten, „aber es ist ja wohl klar, dass Braunschweig die Kosten übernimmt, die uns entstehen”, sagt Maier.

Das Geld war noch nicht überwiesen, da leitete Hickey bereits das erste Training beim kriselnden Rekordmeister. Der Coach, am Donnerstag 47 Jahre alt geworden, versucht zu erklären: „Es ist sicher nicht normal, mitten in der Saison zu wechseln, aber es war eine Entscheidung für meine Familie. Zusätzlich ist die Möglichkeit, sowohl Headcoach als auch Sportdirektor und Geschäftsführer zu sein, sehr attraktiv."

Diese Worte des Kaliforniers schmerzen natürlich in München, wo sich alles um Mannschaftsgeist und nichts um Geld oder Gagen dreht. Der Cowboys-Jahresetat liegt bei nur 100 000 Euro und die Spieler müssen Mitgliedsbeiträge zahlen. „Die meisten Spieler haben auf Phils Abschied gelassen reagiert”, berichtet Maier, „aber es gibt auch einige, die sich im Stich gelassen fühlen.” Nationalspieler Stephan Seidel ist enttäuscht: „Vor zwei Monaten gab es bereits Gerüchte, dass Hickey nach Braunschweig gehen würde. Da hat er zu mir gesagt: Bullshit, da ist nichts dran.”

Sportlich lief es zuletzt gut: Die Cowboys haben sich quasi für die Playoffs qualifiziert, zuletzt gewannen sie 27:0 in Plattling und 24:0 gegen Essen. „Unsere Mannschaft hat sich prima weiterentwickelt”, findet Präsident Maier Am Sonntag ist der Tabellenführer der Süd-Staffel zu Gast im Dantestadion (15 Uhr). Gegen die angriffsstarken Schwäbisch Hall Unicorns ist der neue Cheftrainer genau der Richtige: Dan Billadeau war bislang Defense-Koordinator und freut sich jetzt über die Beförderung. Der Amerikaner will aber nicht viel verändern: „In der Endphase der Saison ist es nicht sinnvoll, in ein funktionierendes System einzugreifen.” 

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