„Ich ziehe das durch!“
MÜNCHEN - Paralympics-Olympiasieger Michael Teuber stürzt bei den Sixdays, wird operiert – und bricht dann zu einer echten Höllentour auf.
Es gab einen dumpfen Knall, danach war es plötzlich still in der Olympiahalle. Die Fans beim Sechstagerennen verfolgten mit bangem Entsetzen, wie der Bahnarzt zu Michael Teuber eilte, der am Boden lag nach einem bösen Sturz. Beim Scratch-Rennen war Teuber, der Paralympics-Sieger von Peking, mit Wolfgang Stöckl kollidiert.
Behindertensportstar Teuber, seit einem Verkehrsunfall vor 18 Jahren inkomplett querschnittsgelähmt, erlitt bei dem Unfall am späten Freitagabend einen Schlüsselbeinbruch. Die Durchführung eines Benefiz-Projektes, das er für diese Woche auf Teneriffa geplant hatte, erschien akut gefährdet. Die AZ hat Teuber am Sonntagmorgen telefonisch erreicht.
AZ: Herr Teuber, wie geht es Ihnen inzwischen?
MICHAEL TEUBER: Eigentlich ganz gut, danke. Ich bin gerade erst wieder aufgewacht. Ich wurde um sechs Uhr in der Früh operiert und liege auf meinem Zimmer im Innenstadt-Klinikum.
Wie lief die Operation?
Wohl ganz gut. Nach meinem Sturz haben die Ärzte mit einem Titannagel mein Schlüsselbein fixiert. Wegen meines Benefizprojekts musste alles recht schnell gehen.
Wie bitte? Sie wollen Ihre Aktion trotz frisch operiertem Schlüsselbeinbruch, einer Hüftprellung und Schürfwunden, angehen?
Ja, ich ziehe das durch. Am Dienstag fliege ich um 7.50 Uhr von München nach Teneriffa. Ab Freitag werde ich dann von Meereshöhe bis auf 2500 Meter radeln und dann auf den 3718 Meter hohen Inselvulkan El Teide wandern. Wenn die Witterung nicht passt, geht’s vielleicht auch erst am Sonntag los.
Warum tun Sie sich das an?
Ich habe bisher einen Riesenaufwand für mein Projekt betrieben, ich möchte das nicht abblasen. Sponsoren, Flüge, Begleiter, Ausrüstung, Kamerateam – alles ist seit langem organisiert. Ich mache das zugunsten der Stiftung Deutsche Sporthilfe, der ich damit die Förderleistungen, die ich bisher erhalten habe – etwa zehn-, elftausend Euro – zurückzahlen will. Und ich will als Paralympics-Sieger und Outdoor-Fan meine Limits neu definieren. Ich bin sicher, dass ich das schaffen kann.
Haben Ihnen die Ärzte denn nicht abgeraten?
Ich habe das mit Herrn Dr. Kessler, meinem behandelnden Arzt, detailliert durchgesprochen. Er hat mich auf ein Restrisiko hingewiesen. Das Projekt ist zwar problematisch, aber verantwortbar.
Ihre Beine sind unterhalb der Knie gelähmt, Ihr linker Arm ist nun kaum einsetzbar. Wie soll das funktionieren?
Die Haupteinschränkung ist jetzt, dass ich in den Bergen nicht so gut balancieren kann. Eigentlich wollte ich mich beim Wandern mit zwei Stöcken ausbalancieren. Jetzt habe ich halt nur noch eineinhalb funktionstüchtige Arme. Außerdem werde ich die Tour nicht wie geplant an einem Tag durchziehen, sondern wohl in mehreren Etappen.
Ist Ihr Sturz demnach sogar glimpflich ausgegangen?
Na ja, nach der Kollision mit Wolfgang Stöckl hat es mich bei Tempo 55 volle Kanne aufs Maul gehauen. Mein goldener Helm, der Olympiahelm, ist komplett zerstört. Wenn ich den nicht gehabt hätte, wäre es sicher nichts geworden mit Teneriffa.
Was sagt Ihre Familie dazu?
Die kennt mich ja. Die haben gesagt: Okay, Michi, mach das! Aber die wissen, dass ich kein Verrückter bin. Meine Frau Susanne gehört auch zu meinem Team und wird mit dabei sein.
Interview: Joscha Thieringer
- Themen:
- Verkehrsunfälle