Hammer-Betty und der letzte goldene Wurf?
Vier der bislang sechs Medaillen des deutschen WM-Teams haben die starken Frauen und Männer geholt. Kugelstoßerin Nadine Kleinert sagt:„Wir waren schon immer eine Werfer-Nation.“
BERLIN Am Tag davor schrieb Betty Heidler auf ihrer Homepage: „Es steht Schwarz auf Weiß: Ich werfe in der Qualifikationsgruppe A, gleich als erste Werferin! Um 13.45 Uhr geh’s los! 72 Meter sind gefordert, wenn man ins Finale möchte, und das habe ich auch als Ziel!“ Doch Betty Heidler ist schon in der Qualifikation heftig übers Ziel hinausgeschossen: Erst nach 75,27 Metern landete der Hammer - so weit hat noch keine Frau bei einer WM geworfen. Da schimmert doch vor dem Finale am Samstag (19.30 Uhr, ZDF live) schon die nächste Medaille durch.
Bislang hat der DLV sechs Medaillen zu Buche stehen – vier davon gewannen Werfer und Stoßer: Nerius, Kleinert, Harting, Bartels. Mal wieder muss man sagen. Seit Jahr und Tag sorgten die Riedels, Dietzschs und Kumbernüsse dieser Republik für Medaillen. Auch 2008 in Peking hieß es: Und wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Werfer her. Christina Obergföll holte mit dem Speer die einzige Medaille für den DLV. Sind wir ein Volk von Werfern und Stoßern, von Schwer- statt Leichtathleten?
Nadine Kleinert, frische Vize-Weltmeisterin im Kugelstoßen, sagt: „Wir waren schon immer eine Werfer-Nation. Aber so peu à peu kommen ja auch andere Disziplinen dazu.“ Ein Konkurrenzdenken gibt es jedenfalls nicht: „Wir würden uns auch genauso über eine Sprintermedaille freuen.“ Nur: Warum klappt das bei denen nicht so? „Da müsste man die Sprinter fragen,“ sagt Kleinert, „wir trainieren halt, und es reicht immer wieder für Medaillen.“
Das Phänomen der starken deutschen Frauen und Männer ist offenbar nicht so einfach zu erklären. Ralf Bartels, in Berlin Bronzemedaillengewinner im Kugelstoßen, sagt: „Die Deutschen waren im Wurfbereich immer sehr stark. Warum, weiß ich auch nicht. Aber auffällig ist es schon, dass wir bei Großereignissen immer im Wurfbereich Medaillen holen. Deswegen kann man schon sagen, dass wir zwar nicht ein Volk von Werfern und Stoßern sind, aber dass wir in dem Bereich sehr erfolgreich sind.“
Dann kommt auch schon das Aber: „Der DLV besteht ja nicht nur aus den Werfern. Der Erfolg der ganzen Mannschaft ist wichtig, nachdem wir ja schon ein paar Mal totgeredet wurden.“ Ein bisschen gefrotzelt wird im Mannschaftskreis aber schon, erzählt Bartels: „Man versucht sich ja hochzupushen, den anderen ein bisschen zu ärgern, dass der sagt: Mensch, das lass ich jetzt nicht auf mir sitzen. Aber alles nur im Spaß, versteht sich.“
Ganz im Ernst traut er seinen Mannschaftskameradinnen vom Kugelstoßen einiges zu: „Insgeheim hoffe ich, dass wir da zwei Medaillen machen. Ich traue der Betty Heidler einen Sieg zu, und auch Kathrin Klaas kann durchaus eine Medaille holen.“ Hammer-Betty selbst ist nach der Topweite in der Qualifikation auch guter Dinge: „Das war schon krass. Cool! Mein Ziel bleibt die Titelverteidigung.“ So lange man solche Sätze sagen kann, tut sich die deutsche Leichtathletik nicht allzu schwer.
Thomas Becker
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