Haching: „Für uns gibt es nur die Meisterschaft”
Mit den Volleyballern startet Mihai Paduretu in die neue Saison. Hier spricht der Coach über seinen Sommer, die schlimme Vorbereitung und neue Chancen
AZ: Herr Paduretu, am Mittwoch beginnt für Sie in Bühl die neue Saison. Haben Sie die bittere Finalniederlage der letzten Saison, als Haching im letzten Spiel und im letzten Satz zu Hause verlor, verarbeitet?
MIHAI PADURETU: So eine Niederlage vergisst man nicht, wir hatten ja sogar Matchbälle. Uns ging es wie dem FC Bayern, der das Champions-League-Finale verloren hat, kein normaler Mensch wird das je vergessen. Ich habe versucht, danach so ruhig wie möglich zu bleiben, aber die Gefahr, dass ich einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall bekomme, wäre sicher gegeben gewesen. Bei mir war eine große Leere da, nicht mit drei „e”, sondern eher mit vier oder fünf.
War Aufhören für Sie eine Option?
Nein, das kam für mich nie in Frage. Gleich nach dem Spiel bin ich in mein Büro, etwa eine Stunde, dann hatte ich mich halbwegs gefangen. Dann bin ich erst einmal nach Kalifornien gefahren, um Spieler zu sichten. Das stundenlange Radfahren an der Pazifikküste hat mich beruhigt. Ich habe mir oft gesagt, dass ich die Nerven nicht verlieren darf, aber die Wut und alles andere kam auch dort immer wieder hoch. Ich habe in Amerika auch Berlins Meistertrainer Mark Lebedew getroffen, mit ihm gesprochen, doch das hat mir auch nichts gebracht. Und auch Monate danach ist das alles schwer zu verdauen für mich. Geholfen haben mir meine Familie und Freunde, die extra aus Bukarest angereist sind. Jetzt will ich das vergessen und nicht mehr darüber reden.
Das Pech beginnt nun schon wieder von Neuem.
Absolut. Wir können auch wirklich nicht zufrieden sein mit der Vorbereitung, weil wir so viele Verletzte hatten. Die Nationalspieler sind alle völlig kaputt angekommen. Nach unserer heftigen Saison ging die psychische Belastung weiter bei Olympia, davor die Qualifikation für Olympia. Jetzt müssen sie sich für die Europameisterschaft qualifizieren und bald kommt wahrscheinlich auch noch eine Qualifikation für irgendeine Qualifikation. Es gibt so viele unnötige Turniere, dass keiner mehr durchblickt. So ist eine richtige Vorbereitung auf die neue Saison nicht möglich.
Dadurch sind auch die schwachen Ergebnisse zu erklären.
Wir haben gegen absolute Top-Mannschaften gespielt, viele Spiele nur knapp verloren. Und ich bin auch ganz ehrlich: Unter diesen Umständen, wenn man dazu auch noch viel probiert, verschiedenen Spielern Verantwortung überträgt, da sind die Ergebnisse nicht mehr so wichtig.
Welches Ziel haben Sie sich nun gesteckt?
Wir waren in den letzten vier Jahren jetzt dreimal Vizemeister, da gibt es für uns nur ein Ziel – die Meisterschaft. Aber unsere Konkurrenten Berlin und Friedrichshafen haben sich toll verstärkt.
Ihre Zugänge lesen sich aber auch nicht schlecht.
Natürlich, wir haben sehr gute Individualisten geholt. Jetzt müssen wir zu einer Mannschaft werden. Wir haben es bis heute nicht geschafft, eine gesamte Woche zusammen zu trainieren. So wird man nie zu einem Team. Das beste Beispiel ist Alexander Shafranovich, der im Sommer zwanzig Spiele als Kapitän der israelischen Nationalmannschaft gemacht hat. Er ist jetzt pünktlich zum Saisonstart in ein Loch gefallen. Wir sind noch lange nicht zu 100 Prozent fit. Aber spätestens der Sonntag sollte für uns alle ein Kick sein, der unsere Individualisten zusammenschweißt und zu einem echten Team werden lässt.
Da spielt Haching gegen Berlin in der Olympiahalle (14 Uhr). Das größte Spiel in der Vereinsgeschichte. Kribbelt es schon?
Die Partie in der Olympiahalle ist für mich als Trainer und die Spieler ein Highlight. Wenn ich mir überlege welche großen Stars dort schon aufgetreten sind, dann ist das eine große Ehre für uns. Wir kennen die großen Hallen aus dem Pokalfinale in Halle/Westfalen, wenn einen 10.000 Menschen anfeuern, großartig. Wir haben uns in den letzten Jahren immer in kleinen Schritten entwickelt, jetzt kommt ein großer. Und ein wichtiger.
Und die große Chance, auch in der Großstadt bekannter zu werden.
Wir sind zwar keine Münchner, fühlen uns aber als solche, deshalb kommt das Spiel gerade recht. Aber es geht ja um noch mehr: Wird das Spiel ein Flop, dann wirft es Volleyball in ganz Bayern um viele Jahre zurück. Es gibt in Bayern mehr Volleyballer in Vereinen als Basketballer. Von denen sollte sich jetzt jeder Gedanken machen und zu uns kommen. Jetzt ist die ganze Sportart gefragt, dass aus diesem Spiel ein Highlight wird. Ich bin auch überzeugt, dass alles reibungslos klappen wird, wir haben so viel Courage aufgebracht, da wird nichts mehr schief gehen. Wir tragen das finanzielle Risiko, wir haben das Spiel auf die Beine gestellt, jetzt müssen auch die anderen, die kleineren Vereine, mitziehen und Präsenz zeigen.
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