Gold-Party der Hockey-Männer läuft aus dem Ruder

Die Hockey-Helden feiern mit 250 Leuten, tanzen auf den Tischen und wüten auf der MS Deutschland: „Da ist einiges kaputt gegangen”
Oliver Trust |
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LONDON So ein Olympiasieg lässt alle Hemmungen fallen. In der Riverbank Arena ging es zu wie beim Junggesellenabschied. Links eine Bierflasche, rechts eine Zigarette – die deutschen Hockey-Olympiasieger zogen nach ihrem 2:1-Triumph über die Niederlande grölend aus dem Stadion. „Hey, sie haben ja Bier in der Hand. Ihr seid großartig”, rief ein Olympia-Volunteer. Trinkfestigkeit steht auf der Insel offenbar ganz hoch im Kurs. Am nächsten Checkpoint zeigten die deutschen Helden statt ihrer Akkreditierungen launig ihre Goldmedaillen vor. „Das muss reichen”, rief Torwart Max Weinhold, der gebürtige Münchner.

Es reichte. Wer oder was hätte sie aufhalten sollen in dieser besonderen Nacht? Nicht einmal das bis zum Finale alles beherrschende Team aus den Niederlanden vermochte das. „Es ist überwältigend”, jubelte der nächste Münchner Philipp Zeller (25). „Wir haben so wahnsinnig als Team funktioniert, das ist nicht alltäglich. Ich bin total fertig mit den Nerven.” Nach der Siegerehrung warf Torwart Weinhold seinen Blumenstrauß auf die Haupttribüne. Auf dem Kunstrasenplatz hüpfte und tanzte der Rest wild durcheinander. Einige weinten, andere holten sich Deutschland-Fahnen und brüllten ihre Freude hemmungslos heraus.

„Es ist so verrückt. Ich halte meine Goldmedaille lieber ganz fest, sonst ist sie plötzlich wieder weg”, sagte Jan Philipp Rabente, ein Defensivmann, der in 77 Länderspielen nur sechs Tore schoss, in seinem 78. gleich zwei. „Du denkst, du träumst was Schräges. Zwei Tore im Endspiel bei Olympia. Das kommt dir auch im Traum durchgedreht vor”, sagte Rabente.

„Wir standen heute tiefer, sonst nichts”, erläuterte Bundestrainer Weise . Ein Tiefstapler der Extraklasse, denn im entscheidenden Moment fehlte Holland die Luft, sie waren ratlos. „Wir haben gut gespielt. Ihre Verteidigung aber war zu viel für uns”, sagte Oranje-Coach Paul van Ass zu den Kniffen des Mannes, der spätestens jetzt der berühmteste Trainer der deutschen Hockey-Geschichte ist. London war Weises drittes Olympia-Gold. Das Kuriose dabei: 2004 gewann er mit dem deutschen Frauen, 2008 und 2012 mit den Männern. Es war ein hartes Spiel, doch die Feier war noch viel härter.
„Ich muss mal schauen, ob die Tower Bridge noch steht”, scherzte Zeller. Das Londoner Wahrzeichen stand noch, das Kreuzfahrtschiff „MS Deutschland” auf den die späte Siegesfeier stattfand, hat dafür einiges abbekommen. Es sei „einiges kaputtgegangen”, gestand Heino Knuf, der Sportdirektor des deutschen Hockey-Bundes. „Es wurde heftig gefeiert und auf den Tischen getanzt”, sagte Knuf. Die Feier mit rund 250 Personen, die bis in den frühen Morgen andauerte, sei „aus dem Ruder gelaufen”. Den finanziellen Schaden wird der DHB übernehmen.

Knuf hat bereits am Sonntagmorgen im Namen des DHB und des Teams beim Schiffs-Kapitän um Entschuldigung für das Verhalten gebeten. Michael Vesper, der Chef de Mission der deutschenOlympia-Mannschaft hatte sich am Sonntagmorgen ein eigenes Bild über die Schäden an Bord des Schiffes gemacht, mit dem ein Teil des Teams am Montag nach Hamburg zurückfahren soll. Der DHB hat bereits mit dem Mannschaftsrat ein intensives Gespräch geführt. „Wir wollen mit dieser Mannschaft auch in Zukunft Erfolge feiern”, sagte Knuf, „sie sollten dabei aber so diszipliniert sein, wie sie es auf dem Platz sind.” 

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