Gings: "Das ist kein Mädchenfußball"

Neuer Rekord: 16,39 Millionen sehen das 1:0 gegen Nigeria und wundern sich über viele Fehlpässe und die harte Gangart. Die Spielerinnen sehen das nicht so
Frank Hellmann |
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Neuer Rekord: 16,39 Millionen sehen das 1:0 gegen Nigeria und wundern sich über viele Fehlpässe und
die harte Gangart. Die Spielerinnen sehen das nicht so

FRANKFURT/MAIN Diese Form der Sonderbehandlung haben sich die derzeit gefragtesten Sportlerinnen des Landes wohl verdient. Es wäre ja kaum zumutbar gewesen, dass sich die mit blauen Flecken übersäten Protagonisten der Frauen-Nationalmannschaft an einem Freitag auf dem überfüllten Frankfurter Hauptbahnhof ins nächste Gedränge stürzen. Dabei hätte ja die Gefahr bestanden, dass die Fahrt genauso unfallreich verlaufen wäre wie das zweite Gruppenspiel am Tag zuvor gegen Nigeria (1:0).

Also hat der DFB es tatsächlich geschafft, einen auf der Schnelltrasse Frankfurt-Köln planmäßig fahrenden ICE außerplanmäßig um 13.38 Uhr an der gewöhnlich nicht als ICE-Haltestelle ausgemachten Station Sportfeld zum Stoppen zu bringen, damit der Tross Fußballerinnen zusteigen konnte. Mit Ausstiegspunkt Düsseldorf, wo sich die Auswahl nun auf das Gruppenspiel gegen Frankreich vorbereitet. Gespielt wird am Dienstagabend in Mönchengladbach, und dann, das versicherte Kim Kulig, „werden wir wieder mehr Räume haben und besser Fußball spielen als gegen Nigeria”.

Dieser zweite deutsche WM-Auftritt, dem 16,39 Millionen Fernsehzuschauer eine neue Rekordquote bescherten, hat ansonsten zuvorderst Ernüchterung produziert. „Jeder hat jetzt gesehen, dass es kein Durchmarsch wird”, beschied Simone Laudehr. „Wir haben noch Luft nach oben”, sagte die Torschützin, die aus Regensburg stammt, früher beim FC Bayern spielte und Bastian Schweinsteiger als Vorbild ausgibt. „Von ihm versuche ich mir viel abzuschauen.” Abergläubisch ist sie auch, ihr Abstaubertor zum 1:0 schob sie dem Schweißband zu, „das mir mal eine Mitspielerin beim FC Bayern gegeben hat”.
Doch nur mit Glücksbringer ist diesem Team nicht zu helfen, das gegen den ruppigen afrikanischen Widerpart zu neuen Grenzerfahrungen kam. „Das war mehr Krampf als Kampf. Ich habe am Ende keine gesehen, die keinen Verband trug”, konstatierte Trainerin Silvia Neid. Melanie Behringer bezahlte das überharte nigerianische Einsteigen mit einer Bänderdehnung im rechten Sprunggelenk.

Was nicht die zahllosen Fehlleistungen im kaum existenten Vorwärtsspiel erklärt. „Unser Problem war aber, dass wir den Ball direkt zu den grünen Shirts gespielt haben”, gab Silvia Neid zu. „Das Spiel nach vorne war nicht gut: das Passspiel, die Bewegungen, teilweise zu späte Entscheidungen. Die Spielerinnen wirkten einfach nicht frei.” Die Trainerin spürt, welcher Druck auf ihren Auserwählten lastet, weshalb sie eine Gesprächstherapie angekündigt hat. Und Trainingsinhalte, „die wieder Spaß machen”.

Der ist auch der 47-Jährigen vergangen. Selten wurde Silvia Neid so wütend gesehen wie beim grotesken Fehlpassfestival gegen den Afrikameister. Viele Augenzeugen wähnten damit den Frauenfußball endgültig in einer neuen Dimension. „Das ist kein Mädchenfußball mehr”, sagte Inka Grings. Und Simone Laudehr erklärte: „Gegen Nigeria war das Knochenbrecher-Fußball. Die Ergebnisse werden knapper, es geht eben mit allen Mitteln zur Sache. Das ist nicht nur im Männerfußball, sondern mittlerweile auch im Frauenfußball so.” Wenigstens lächelte sie dabei noch lieb.

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