Geläuterter Playboy
Jenson Button kann sich am Sonntag vorzeitig den Formel-1-Titel sichern. Noch 2008 galt er als Gescheiterter, der nur seinen Ruf als Schwerenöter zu verteidigen versuchte – bis er sich verliebte.
SUZUKA Nun also Japan. Am Sonntag kann sich Jenson Button beim drittletzten Saisonrennen (7 Uhr, RTL und sky live) in Suzuka zum Weltmeister dieser in jeder Beziehung seltsamen Formel-1-Saison krönen. Fünf Punkte mehr als sein Teamkollege Rubens Barrichello müsste der Brite einfahren.
„Ich habe viele Verbindugen zu Japan“, sagt Button, und meint vor allem: seine Freundin Jessica Michibata, ein japanisch-argentinisches Unterwäschemodell. Seit gut einem Jahr sind die beiden ein Paar, sie trafen sich zum ersten Mal ausgiebiger nach dem Japan-Rennen 2008 in Fuji. Button war da wieder mal nicht in den Punkten gelandet, wie bei fast jedem Rennen in jener Saison. Er galt in einem bestenfalls mittelmäßigen Rennstall als talentierter Fahrer, dessen beste Zeiten schon passé waren. Button war 28. Vier Jahre waren schon vergangen, seit er sich einige spannende Vollgasduelle mit Michael Schumacher geliefert hatte. Er hätte sein Talent vergeudet, hieß es in der Szene. In den Monaten vor Fuji 2008 konnte man Button und seinen Vater John nach den Rennen Sonntagabends noch alleine in Durchschnitts-Bars treffen – vor sich Rotwein (beide), Gin und Whiskey (John).
„Am meisten denkt man über die Formel 1 nach, wenn man alleine ist. Richtig schwierig wird es, wenn sie einem nonstop im Kopf herumspukt und man deshalb nicht mehr schlafen kann“, sagt Button heute. Viel schlief er damals tatsächlich nicht, doch viel an die Formel 1 dachte er auch nicht. Jenson pflegte vielmehr seinen Ruf als letzter PS-Playboy. Im Februar hatte ihn seine letzte feste Freundin verlassen, ihre Vorgängerin hatte er sitzen gelassen, als die Hochzeitseinladungen schon verschickt waren. So war Button: Ein in jeder Beziehung Unvollendeter auf dem besten Weg zum Gescheiterten.
Dann kam der Winter, sein Rennstall Honda zog sich aus der Formel 1 zurück. Dann kam Michibata, die ihm, dem Quasi-Arbeitslosen, Halt gab und ihm nebenbei die Playboy-Flausen austrieb. Immerhin. Und dann kam Ross Brawn, der wohl genialste Taktiker und Techniker in der Formel 1. Brawn kaufte den Rennstall Honda auf, bei dem er vorher Teamchef gewesen war. Er nannte ihn Brawn GP, fand eine Lücke im Regelwerk und konzipierte ein geniales Auto mit einem wundersamen Doppeldiffusor. Brawn zeigte Button schließlich Computerdaten, aus denen hervorging, wie schnell die Brawn-Flundern sein sollten. Brawn fragte Button, ob er für ihn fahren und ob er Rennen gewinnen wollte.
Button verzichtete auf ein Drittel seines Gehalts – und fuhr schon bei den ersten, späten Testfahrten, allen davon. Er gewann das erste Rennen, das zweite. Nach dem siebten Rennen in Istanbul hatte er sechs Siege in der Bilanz stehen. Es war Juni und es schien, als ob er, der Unvollendete, der Fast-Gecheiterte, den Weltrekord Schumachers brechen könnte, als ob er sich so früh wie nie den Weltmeister-Titel sichern würde.
Es war Juni und Button tat alles für den Titel. Die Partys hatte er aufgegeben, den Alkohol sowieso und Jessica musste auch mal arbeiten. Er war ein Rennfahrer geworden wie viele andere: Einer, der sich auf die Formel 1 konzentriert, nur über die Formel 1 nachdenkt und auch in Interviews nur über die Formel 1 redet. Ein Rennen gewann er seitdem nicht mehr. Aber der Vorsprung ist groß genug. Wohl auch für den vormals Unvollendeten, den geläuterten Playboy.
Filippo Cataldo
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