"Geile" Abfahrt: Das sind Maiers Favoriten auf Gold
Schladming - Es war schon spät, als Hermann Maier kurz die Orientierung verlor: Rechts wäre es zum Herren-WC gegangen. Egal, wenn es um die WM-Abfahrt auf der Planai geht, sieht der Doppel-Olympiasieger und dreifache Weltmeister umso klarer: „Bei einer Heim-WM wäre ein österreichischer Sieg natürlich was Schönes, zumal die ersten Wettbewerbe für uns medaillenlos geblieben sind. Ein Sieg wäre auch gut, damit mal Ruhe reinkommt. Es ist ein ganz schöner Trubel hier.”
Wohl wahr. Die Männer-Abfahrt gilt als Höhepunkt einer jeden Ski-WM, und auf den Showdown auf der 3282 Meter langen und sehr eisigen Planai freut sich nicht nur Hermann Maier. Tagsüber war der 40-Jährige privat Skifahren, einen Berg weiter, auf der Reiteralm: blaue Mütze, große Sonnenbrille, kaum zu erkennen.
Zurück im Trubel ist er wieder als Experte gefragt: Wie ist die Planai so als Abfahrt? Er sagt: „Ich bin ja nur Super-G gefahren: dreimal angetreten, dreimal gewonnen. Das war relativ gut. Die Abfahrt kenne ich zu wenig, aber man hat ja gesehen: sehr anspruchsvoll, vor allem der untere Teil. Oben ist das Gelände kupiert, mehr zum Gleiten. Dadurch, dass es jetzt so kalt ist, wird das eine große Herausforderung.” Routinier Klaus Kröll meinte zum wilden Ritt über Walchersprung, Panoramasprung, Klammerschuss, Kesslersprung, Holzhacker, Italienerloch und Weirather-S: „Das wird kein Kindergeburtstag.”
Nach den Chancen der deutschen Abfahrer gefragt, wird Maier zum Diplomaten: „Die WM ist noch sehr lange. Die Deutschen haben ihre großen Chancen in den technischen Bewerben. Das wird sicher ein Kampf gegen die Österreicher. Die deutschen Athleten sind immer bis zum Schluss sehr gefährlich, vor allem bei Großveranstaltungen.”
Stefan Keppler, im letzten Training 29. von 36 Startern, zählt nicht zu seinen Favoriten. Maiers Lieblingssieger kommt aus der Heimat: „Ich hoffe auf Max Franz. Der hat zwar noch kein Rennen gewonnen, aber dem traue ich das zu.” Im verkürzten Trainingslauf schockte Franz seine Fans, als er ähnlich wie in Beaver Creek bei Tempo hundert fast durch ein Tor sprang. Seinen Humor hat der Mann mit der Wildsau auf dem Helm jedenfalls nicht verloren.
Dass die Männer beim letzten Training am Start des Frauen-Slaloms abschwingen mussten, gefiel auch seinem Kollegen Hannes Reichelt: „Do sann a paar gscheite Hasen dabei!” Franz freut sich auf die Planai: „Das wird ein geiler Samstag!” Eine Taktik für die Abfahrt hat er sich auch schon zurechtgelegt: „Man muss einfach schauen, dass man schnell ins Ziel kommt.”
Das haben sich noch ein paar andere vorgenommen. Der verletzte Schweizer Beat Feuz, in der Vorsaison zweitbester Abfahrer, sieht gute Chancen für den Südtiroler Christof Innerhofer, den Super-G-Weltmeister von 2011. Kristian Ghedina, der Mitte der 90er WM-Silber und -Bronze in der Abfahrt gewann und noch gegen Markus Wasmeier, Berni Huber, Hannes Zehentner und Hans-Jörg Tauscher fuhr, hat gute Erinnerungen an Schladming: „1990 bin ich hinter Franck Piccard Zweiter in der Abfahrt geworden: der zweite Podiumsplatz meiner Karriere.” Als Favoriten nennt er Aksel-Lund Svindal sowie die Österreicher Klaus Kröll und Hannes Reichelt – „und die Italiener, zum Beispiel Dominik Paris”, sagt der Südtiroler Ghedina, der 2004 in Kitzbühel mit einer Grätsche am Zielsprung überraschte – bei Tempo 130.
Und Keppler? „Mit den Medaillen wird es schwierig für ihn”, glaubt Ghedina, „aber er hat keinen Druck.” Den haben vor allem die Österreicher. Vor zehn Jahren holte Austria in Person von Michael Walchhofer letztmals Abfahrts-Gold bei einer WM. „Die sind nicht mehr so stark”, sagt Ghedina, „früher waren sie immer die Besten, mussten jedes Rennen gewinnen, weil Abfahrtslauf der Sport Nummer eins ist in Österreich. Ihr Deutschen habt noch viele andere große Sportarten: Fußball, Handball, alles. Österreich hat eigentlich nur das Skifahren. Aber man kann eben nicht immer stark sein.” Auf der Planai wird man aber genau das sein müssen.
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