Zitterfahrt nach München: DFB-Team zieht durch knappes Remis ins Final Four der Nations League ein

Das DFB-Team steht im Halbfinale der Nations League. Nach einer souveränen ersten Hälfte brach die Mannschaft von Bundestrainer ein, verspielte sogar eine 3:0-Führung.
von  Patrick Strasser
Jamal Musiala und das DFB-Team verspielten um ein Haar eine 3:0-Halbzeitführung.
Jamal Musiala und das DFB-Team verspielten um ein Haar eine 3:0-Halbzeitführung. © IMAGO

Dortmund - Grandissimo – mit ganz viel Zitterissimo! Eine DFB-Elf, die Staunen verursachte – positiv wie negativ. Eine erste Halbzeit zum Niederknien, eine zweite Halbzeit zum Nägelkauen. Mit einem am Ende sehr zittrigen 3:3 buchte die deutsche Nationalmannschaft in einem rauschhaften Spiel, einer wilden Achterbahnfahrt im Viertelfinal-Rückspiel gegen Italien die Mini-Endrunde der Nations League im Juni, die der DFB nun ausrichten darf – in München und in Stuttgart.

Kimmich an allen Toren gegen Italien beteiligt 

Der Mann beider Spiele: Joshua Kimmich. Der Kapitän traf zur Führung, bereitete zwei Treffer vor. Schon beim 2:1 im Hinspiel vor vier Tagen in Mailand hatte der Rechtsverteidiger beide Kopfballtreffer aufgelegt. Das Halbfinale mit DFB-Beteiligung gegen Portugal oder Dänemark wird am 4. Juni in der Allianz Arena stattfinden, das andere in Stuttgart (5. Juni). Das Spiel um Platz drei im Schwabenland und das Endspiel in München (beide am 8. Juni).

Was gab Nagelsmann seiner Mannschaft mit? "Dass es erstens ums Final Four geht und zweitens darum, die Fans mit uns noch weiter zu einen", verriet der Bundestrainer vorab seine letzten Worte in der Kabine. "Das ist ein ganz wichtiger Punkt", so Nagelsmann weiter, "mit der Kombination Team und Fans ist hier zu Hause mehr möglich als auswärts." Vor 64.000 Fans, ausverkauft. An Ort und Stelle eines der größten Siege der Italiener. Gegen Deutschland, 2:0 im WM-Halbfinale 2006.

Nagelsmann: "Wir wollen beide Spiele gewinnen"

Furios ging’s los von Seiten der DFB-Elf: Erster Torschuss nach 18, der zweite nach 72 Sekunden. Zunächst Mittelstädt, dann Goretzka – beide Male mit links. Klares Signal von Nagelsmann: Am liebsten das Spiel früh entscheiden, nicht(s) verwalten. Sagte der Bundestrainer auch vor dem Anpfiff bei RTL: "Es steht 0:0. Wir wollen beide Spiele gewinnen, auch das zweite Spiel positiv gestalten. Dass man nicht darüber nachdenkt, ob man einen Vorsprung hat oder nicht."

Das System? Wie in der zweiten Halbzeit von Mailand eine Dreierabwehrkette. Daher kam Nico Schlotterbeck rein, dazu Maximilian Mittelstädt, Angelo Stiller und Tim Kleindienst. Auf die Bank mussten David Raum, Pascal Groß, Nadiem Amiri und der leicht erkrankte Jonathan Burkardt.

Joshua Kimmich versenkte den Elfmeter zur frühen Führung für Deutschland eiskalt.
Joshua Kimmich versenkte den Elfmeter zur frühen Führung für Deutschland eiskalt. © IMAGO

Kimmich-Elfmeter ebnet DFB-Remis

Die Italiener, ebenfalls mit vier Umstellungen nach dem Hinspiel, wirkten anfangs bei Umschaltmomenten gefährlich. Doch die deutsche Elf übernahm die Kontrolle, wurde dominanter, zielstrebiger. Nach einem Foul an Kleindienst, bedient per super Steckpass von Goretzka, gab es Elfmeter.

Der Kapitän übernahm die Verantwortung. Klar: Harry Kane war ja nicht da. Kimmich verwandelte knallhart und eiskalt ins linke untere Eck – 1:0 (30.). Sechs Minuten später fiel eines der unglaublichsten Tore der DFB-Länderspielgeschichte. Eckball und alle Italiener parlierten, Torhüter Gigi Donnarumma ging aus seinem Fünfmeterraum, gab seiner Abwehr Anweisungen.

DFB-Team verliert nach der Pause den Faden

Cleverle Kimmich schnappte sich den Ball zur Ecke, passte in den Fünfer zu Musiala, der schon winkte und smart einschob – 2:0. Mamma mia! Eine bayerische Co-Produktion von Clever & Smart. "Das ging schnell, auch weil der Balljunge auf zack war", resümierte Kimmich. Die Fans sangen: "Die Nummer eins der Welt sind wir!" Und Kleindienst köpfte auf Flanke von Kimmich zum 3:0 ein (45.) – che bellezza! Welch’ Schönheit er hatte, dieser Auftritt des DFB-Teams. Zwischenstand 5:1. "Das war die beste erste Hälfte", schwärmte Nagelsman nach der Partie: "Das war schon beeindruckend."

Nach der Pause kickten die Nagelsmänner zu lässig, zogen sich zurück. Nach einem gemeinsamen Patzer von Sané und Kimmich, eine bayerische Anti-Co-Produktion. Moise Kean schoss ein – 3:1 (49.). Flow, Rhythmus und Kräfte waren weg, wohl auch aufgrund der hohen Führung. Die Quittung: das 3:2 (69.), wieder Kean. Nun riss der Faden komplett, (Versagens-) Angst kam dazu. Glück als ein Elfmeter nach VAR-Check durch Schiedsrichter Marciniak zurückgenommen wurde (76.). In der Nachspielzeit das 3:3 nach Handelfmeter durch Raspadori.
Mit Hängen und Würgen brachte man es über die Zeit. Erst gezaubert, dann gezittert. Nun ab nach München.

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