WM-Qualifikation: Weltverband FIFA prüft Nazi-Eklat von Prag

Stuttgart - Das Fehlverhalten rechtsextremer deutscher Problemfans während des WM-Qualifikationsspiels gegen Tschechien in Prag (2:1) hat möglicherweise ein Nachspiel. "Wir haben das Thema in den Medien verfolgt. Wir haben Beobachter, die es hinsichtlich unseres Anti-Diskriminierungs-Systems überprüfen", sagte eine Sprecherin des Weltverbandes FIFA auf Sport1-Anfrage am Montag.
Die FIFA erhalte "Berichte zu jedem WM-Qualifikationsspiel. Der zum Spiel in Prag ist noch nicht da. Erst anschließend entscheiden wir, ob wir eine Untersuchung einleiten".
Die Bild spekuliert bereits über einen möglichen Punktabzug. Die kroatische Nationalmannschaft war 2015 mit zwei Geisterspielen und einem Punkt Abzug belegt worden, weil im Rasen ein Hakenkreuz-Symbol zu sehen war.
Die harte Strafe begründete die UEFA damit, da sich die kroatische Zuschauer schon zuvor für Eklats gesorgt haben. Auch der Vorfall in Prag bei der deutschen Nationalmannschaft war kein Einzelfall. Bei der EM 2016 in Frankreich waren beispielsweise deutsche Hooligans mit einer Reichskriegsflagge unterwegs.
Neben dem offiziell organisierten Fanblock gab es in der Prager Eden Aréna eine Zelle von etwa 200 Personen, die beide Nationalhymnen und eine Schweigeminute störten. Vereinzelt waren "Sieg Heil"-Rufe zu hören, der deutsche Nationalspieler Timo Werner (RB Leipzig) wurde beschimpft.
Bundestrainer Joachim Löw hatte sich am Sonntag auf der Pressekonferenz vor dem Norwegen-Spiel vehement von den "Chaoten" distanziert.
Problemfans in Prag stürmten den Block
Ein Teil der in Prag mit rechtsextremen Parolen aufgefallenen Problemfans verschaffte sich laut DFB-Präsident Reinhard Grindel illegal Zugang zum Stadion. Vor dem WM-Qualifikationsspiel der deutschen Nationalmannschaft in Tschechien (2:1) sei "eine ganze Reihe dieser Leute gewaltsam ins Stadion gekommen, indem sie einen Blocksturm gemacht haben", sagte Grindel in der SWR-Sendung "Sport im Dritten".
Er sprach von 200 bis 300 Problemfans, vor denen der DFB vorab gewarnt gewesen sei. "Das ist eine Klientel, die den Verbindungsbeamten der Polizei bekannt war. Die haben wir ab und an auch bei Bundesliga-Spielen in den Stadien", sagte Grindel. Er forderte "alle Leute, die den Fußball lieben", auf, sich klar zu distanzieren.
Bei der Aufklärung wird der DFB eng mit den Behörden zusammenarbeiten. "Es werden eigene Aufnahmen und Fotos zur Verfügung gestellt, es wird seitens der deutschen Verbindungsbeamten eine Kontaktaufnahme zu den tschechischen Kollegen geben", betonte Grindel. "Es gibt breite Kritik an Kollektivstrafen, aber wo man bestimmte Taten bestimmten Tätern zuordnen kann, müssen wir reagieren."
Mindestens 13 Dresdner dabei
Die sächsische Polizei identifizierte anhand von Bildmaterial bislang mindestens 13 Angehörige der Dresdner Fanszene, die bei dem von Hetz-Attacken überschatteten Spiel der Nationalmannschaft in Prag dabei waren.
Zwei von ihnen hätten vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen die tschechische Nationalelf am vergangenen Freitag Gefährderanschreiben erhalten, teilte Dresdens Polizeipräsident Horst Kretzschmar am Montag mit.
"Da Gefährderanschreiben allein offensichtlich nicht in jedem Fall von einer Anreise abhalten, werden wir zukünftig auch Meldeauflagen als weiteren präventiven Baustein prüfen", meinte er. "Voraussetzung dafür sind allerdings konkrete Erkenntnisse, die eine entsprechende Gefahrenprognose erlauben."
Unklar sei aber noch, ob den identifizierten Dresdnern von den tschechischen Behörden Straftaten vorgeworfen werden. Die Polizei habe unaufgefordert mit der Sichtung des Bild- und Videomaterials begonnen, sagte Kretzschmar. "In erster Linie identifizieren unsere Ermittler Personen, die sich während des Spiels im Prager Stadion aufhielten. Wir gehen damit in Vorleistung für den Fall, dass uns die zuständigen Behörden mit strafrechtlichen Ermittlungen beauftragen."
Bisher keine Festnahmen
Während der Nazi-Eklat in Deutschland hohe Wellen schlägt, sorgte der Vorfall im Gastgeberland Tschechien bisher kaum für Schlagzeilen. "Ich höre davon zum ersten Mal", sagte eine Polizeisprecherin in Prag am Montag auf die Frage nach möglichen Ermittlungsverfahren gegen deutsche Hooligans.
Bisher habe es keine Festnahmen in Prag gegeben. Die Sprecherin schloss aber nicht aus, dass Kriminalbeamte in der Angelegenheit noch aktiv würden. Über Festnahmen oder gewalttätige Ausschreitungen unmittelbar nach dem Spiel wurde von offizieller Seite nichts bekannt.
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