„Wir Russen sind von Natur aus starke Männer“
Pawel Pogrebnjak, Stürmer vom VfB Stuttgart, über das Duell mit der deutschen Nationalelf, Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche– und bei der Deklination von Substantiven.
AZ: Herr Pogrebnjak, dürfen wir mit einer historischen Frage anfangen?
PAWEL POGREBNJAK: Bitte.
Danke. Was also ist am 1. Juli des Jahres 1912 passiert?
Sicher etwas Politisches. Ich weiß es aber nicht.
Es gab das erste Länderspiel zwischen Deutschland und Russland.
Und wie ging es aus?
16:0 für Deutschland.
(lacht) Hoffen wir, dass es diesmal anders wird.
Jetzt wollen wir natürlich einen Tipp von Ihnen für den Samstag?
In Russland hat man sehr großen Respekt vor den Deutschen. Aber wir wollen mutig spielen, Angst haben wir auf alle Fälle keine. Wir sind von einem Sieg überzeugt und wissen, es zählt nur der erste Platz. Dass wir im Hinspiel verloren haben, hat keiner vergessen. Fußball ist auch in Russland eine sehr beliebte Sportart.
Und welche Rolle hat Sport oder Fußball in ihrer Familie gespielt?
Niemand außer meinem Vater hatte in der Familie mit Fußball zu tun. Mein Vater ist Fan von Spartak Moskau, mit ihm habe ich manchmal gespielt. Als ich sechs Jahre alt war, habe ich die Sportschule von Spartak besucht.
Dort haben Sie sicher auch auf Kunstrasen gespielt – wie jetzt beim Länderspiel gegen Deutschland. Weil die russischen Spieler gewohnt sind darauf zu spielen, ist das sicher ein Vorteil?
Ich glaube, der ist nicht so groß. Die deutsche Mannschaft trainiert ja auch vorher darauf. Hier wird darüber mehr gesprochen als bei uns.
Auf Kunstrasen, sagen Experten, müsse man den Ball ganz genau zuspielen, und das Spiel koste mehr Kraft.
In Russland wird vor allem oft auf Kunstrasen gespielt, weil man so auch im Winter oder bei schlechtem Wetter dort spielen kann, nicht, weil wir den Rasenmäher sparen wollen. Aber Kunstrasen ist nicht wie Beton, und der Ball springt höher. Nur wenn es regnet, ist es anders.
Und was ist mit dem Vorteil für Russland?
Ich bin ein bisschen einverstanden, es ist ein kleiner Vorteil. Wir haben schon gegen England auf Kunstrasen gespielt. Außerdem ist das Luschniki-Stadion eines der wenigen, in denen man solch große Spiele spielen kann. Und es hat nun mal Kunstrasen.
Bei der Europameisterschaft, die Sie wegen einer Verletzung verpasst haben, fiel die russische Mannschaft durch eine bemerkenswerte Ausdauer auf.
Wir machen im Training nichts anderes als andere. Vielleicht sind wir Russen von Natur aus starke Männer (lacht).
Stark genug, um Deutschland zu schlagen und zur WM nach Südafrika zu fahren?
Für mich ist es nicht so gut, dass wir gegen Deutschland spielen, ich muss so gegen ein paar Spieler spielen, die meine Freunde geworden sind. Wir haben großen Respekt vor dem deutschen Fußball und seiner Nationalmannschaft. Und ich habe diesen Zweikampf in unserer Gruppe erwartet.
Werden Sie Ihrem Trainer Guus Hiddink vom deutschen Fußball erzählen?
Herr Hiddink kennt ihn selbst sehr gut. Es gibt nicht viele Trainer, die mehr Erfahrung haben als er. Er ist es, der uns gut informiert. Er gehört zu den Menschen, mit denen ich am liebsten jeden Tag über Fußball sprechen würde. Er ist ein sehr guter Psychologe.
Wir haben gehört, Sie wohnen immer noch im Hotel. Finden Sie keine Wohnung in Stuttgart?
Das stimmt, aber eigentlich suchen wir ein Haus.
Ist die Haussuche etwa in Deutschland schwieriger als in Russland?
Wir suchen ein Haus mit Möbeln und Küche. Das ist in Deutschland offenbar nicht üblich. In Russland ist es verbreitet, Häuser mit Möbeln zu vermieten.
Stimmt es, dass Sie den Führerschein neu machen müssen, weil der russische in Deutschland nicht gilt?
Das stimmt nicht ganz, er gilt allerdings nur wenige Monate, dann muss man die Prüfung theoretisch und praktisch neu ablegen.
Das klingt anstrengend, vor allem, wenn man erst Deutsch lernen muss.
Vor allem die Deklination von deutschen Substantiven bereitet mir doch Probleme, das lässt mir seit Wochen keine Ruhe. Dann spielen wir oftmals alle drei Tage. Das macht es schwer, nebenbei noch Sprachunterricht zu haben. Die Fahrprüfung aber kann ich noch in Russisch machen.
Was gefällt Ihnen an Deutschland?
Die deutsche Ordnung und Tiramisu in italienischen Restaurants (lacht). Hier läuft alles ruhiger und geordneter ab als bei uns in Russland. In Russland hat niemand Zeit und alles wird in großer Eile erledigt.
Interview: Oliver Trust
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