Wildwest-Szenen bei der Hertha

Berlin entlässt nach dem 0:5 beim VfB Stuttgart Trainer Michael Skibbe nach nur 52 Tagen. 200 vermummte Fans stürmen das Klubgelände. Misserfolgs-Manager Michael Preetz will bleiben.
Thomas Becker |
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Eine Mauer des Protests: Gut 200 wütende Hertha-Fans stürmten am Sonntagmorgen nach dem 0:5 ihres Klubs beim VfB Stuttgart das Klubgelände im Westen der Stadt.
Eine Mauer des Protests: Gut 200 wütende Hertha-Fans stürmten am Sonntagmorgen nach dem 0:5 ihres Klubs beim VfB Stuttgart das Klubgelände im Westen der Stadt.

Die U2 brachte den Unfrieden. Am Sonntagfrüh setzten sich etwa 200 Wut-Berliner in die U-Bahn Richtung Ruhleben und verwandelten die Hanns-Braun-Straße kurzzeitig in ein Truppenaufmarschgebiet. Hier, tief im Berliner Westen, Friesenhaus 2, wohnt Hertha BSC, deutscher Meister 1930 und 1931. Rekordverdächtig in der Neuzeit sind höchstens die Trainerwechsel. 52 Tage nach seiner Vorstellung als Nachfolger des gefeuerten Markus Babbel wurde Coach Michael Skibbe auch schon wieder entlassen. Seine Bilanz: fünf Spiele, fünf Niederlagen, 1:12 Tore. Kapitän André Mijatovic meinte: „Das Geschäft ist so.“
Nur: Bei Hertha ist es doch immer eine Spur extremer. Am 13. März 2010 verlor der Klub zuhause 1:2 gegen Nürnberg - und 150 mit Kunststoffrohren bewaffnete so genannte Anhänger stürmten den Innenraum des Stadions und demolierten Ersatzbank und Werbebanden. Am Samstag verlor Hertha 0:5 in Stuttgart - und 200 zum Teil Vermummte stürmten das Klubgelände, durchbrachen Absperrungen, pöbelten gegen Ordnungskräfte, Spieler und Journalisten und erzwangen ein Gespräch mit dem Team. Ein Fan-Beauftragter organisierte eine gut halbstündige Aussprache mit 15 Spielern.
Für den mit rund 35 Millionen Euro verschuldeten Verein dürfte die vierte Trainerentlassung unter Manager Michael Preetz teuer werden: Skibbe war aus seinem Vertrag beim türkischen Erstligisten Eskisehirspor herausgekauft worden und hatte einen Kontrakt bis 2014 erhalten. Die Hertha-Bosse zogen nun die Notbremse, nachdem immer mehr Parallelen zur Abstiegssaison 2009/10 erkannt worden waren. Damals hatte Hertha nach der Trennung von Lucien Favre bis Saisonende an dessen Nachfolger Friedhelm Funkel festgehalten. Das Jahr in Liga 2 und der Wiederaufstieg haben rund 60 Millionen Euro gekostet.
Hertha hat keines der vergangenen zehn Liga-Spiele gewonnen. Das 0:5 in Stuttgart bezeichnete Skibbe als „absolute Katastrophe“. So eine „schlimme erste Halbzeit“ habe er als Trainer noch nie erlebt. Mittelfeldmann Peter Niemeyer meinte: „In der ersten Halbzeit war unser Spiel grausam. In der zweiten Halbzeit war es grausam, überhaupt auf dem Platz zu stehen.“ Kapitän Mijatovic klagte: „Das war eine katastrophal desolate Leistung. Wenn wir so weiterspielen, steigen wir ab.“ Manager Preetz sagte: „Es ist auch meine Verantwortung, diese Fehleinschätzung zu korrigieren.“ Persönliche Konsequenzen schloss er aus: „Sie kennen mich ja ein paar Tage“, sagte er, „ich bin a) ein Kämpfer, der b) nicht wegläuft. Und c) macht es auch nicht jeder, Fehler einzuräumen.“
Angeblich hat sich Skibbe schon am Sonntagmorgen vom Team verabschiedet. Als Interimslösung soll der bisherige U19-Trainer und Ex-Profi Rene Tretschok das Training übernehmen. Nächster Gegner in Berlins 1000. Ligaspiel: Meister Dortmund.

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