Wenn Tränen lügen: Uefa schwindelt mit Emotionen

Schon wieder ist bei der EM ein TV-Schwindel aufgeflogen. Das Bild einer weinenden deutschen Frau war bereits vor dem Anpfiff aufgenommen worden. Die Proteste gegen die Uefa.
SID |
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Bundestrainer Joachim Löw und der Balljunge. Die Szene, in der Löw dem Jungen im Scherz den Ball aus der Hand schlägt, war vor dem Spiel aufgenommen und später in die Liveübertragung eingebaut worden.
dpa Bundestrainer Joachim Löw und der Balljunge. Die Szene, in der Löw dem Jungen im Scherz den Ball aus der Hand schlägt, war vor dem Spiel aufgenommen und später in die Liveübertragung eingebaut worden.

Schon wieder ist bei der EM ein TV-Schwindel aufgeflogen. Das Bild einer Frau, die scheinbar die Gegentore der deutschen Nationalmannschaft gegen die Italiener beweinte, war bereits vor dem Anpfiff aufgenommen worden.

Warschau/München  - Die Träne ging in Zeitlupe auf Reisen, es war ein scheinbar perfekter TV-Moment. Millionen Zuschauer hat berührt, wie eine Frau aus Düsseldorf nach dem zweiten Gegentreffer im EM-Halbfinale Deutschland gegen Italien (1:2) auf der Tribüne weinte. Doch es war schon wieder inszeniert, eine tolldreiste Manipulation der Weltbild-Regie – ein Drama auf Abruf. Das Bild war vor dem Anpfiff gedreht worden, ebenso wie bereits eine vermeintliche Liveszene mit dem locker scherzenden Bundestrainer Joachim Löw und einem Balljungen.

ARD und ZDF sind empört, Dieter Gruschwitz sandte der Europäischen Fußball-Union (UEFA) eine Botschaft, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. 'Dieser Vorfall ist in keinster Weise zu akzeptieren. Denn hier wurde dem Zuschauer suggeriert, dass eine Szene – die Frau mit der Träne – in einem direktem Zusammenhang zur vorausgegangenen Situation steht, dem Tor der Italiener", sagte der ZDF-Sportchef dem SID. Sein Urteil: „Dies ist eindeutig eine Manipulation.“ ARD und ZDF haben den Vorfall bereits über ihre gemeinsame Sportrechteagentur SportA bei der UEFA moniert, mit der Aufforderung, dass solche Eingriffe sich – wie von der UEFA bereits nach dem ersten Fall zugesagt – nicht wiederholen. „Es wird dazu weitere Gespräche geben. ARD und ZDF sehen ihre Reputation bei den deutschen Zuschauern beschädigt“, wetterte Gruschwitz.

Die Düsseldorferin hat laut eines Berichts der Süddeutschen Zeitung zahlreiche Mails aus der Heimat erhalten, mit dem Inhalt, sie sei während des Spiels weinend riesengroß gezeigt worden. Sie war daraufhin irritiert. Denn die Träne war ihr in Warschau vor dem Anpfiff aus dem Augenwinkel gekullert, „nicht aus Schock oder Enttäuschung, sondern, im Gegenteil, aus wohliger Rührung“, wie die SZ schrieb.

Die UEFA teilte mit, sie wolle auch die „menschliche Seite des Spiels“ bebildern, die Szene sei gezeigt worden, um „die Emotionen und die Anspannung deutscher Fans zu transportieren“. Die UEFA sei keineswegs damit einverstanden, „die Szene direkt nach dem Tor“ zu platzieren. Im Klartext: „Konserven“ gerne – aber dann bitte geschickt. Emotionen werden programmatisch geschürt.

Auch Jörg Schönenborn, EM-Teamchef der ARD und WDR-Chefredakteur, hatte ungehalten reagiert. „Wir sind erstaunt und irritiert“, sagte er, „die Bilder seien “so nicht akzeptabel„. Die ARD habe die Problematik wenige Tage zuvor mit der UEFA noch besprochen, geholfen hat es offensichtlich nicht. “Wir werden nun erneut das Gespräch suchen', sagte Schönenborn. Für die Kommentatoren der ARD und der anderen übertragenden TV-Sender auf der Tribüne des Nationalstadions war nicht ersichtlich gewesen, dass die Szene eine Aufzeichnung war. Viele nahmen darauf Bezug, weil in ihr die Verzweiflung perfekt illustriert schien. "Für Tränen ist es noch zu früh', sagte Kommentator Steffen Simon von der ARD. Von wegen: Sie waren schon längst getrocknet.

Schon während des Gruppenspiels gegen die Niederlande am 13. Juni im ukrainischen Charkow hatte die Weltbild-Regie die TV-Übertragung manipuliert. Mitten in der ersten Halbzeit wurde eingespielt, wie Löw einem Balljungen von hinten den Ball aus der Hand schlägt – für die Zuschauer angesichts der Brisanz der Begegnung erstaunlich. "War das nicht vor dem Anpfiff?', fragte Löw dann im Interview. Schwindel Nummer eins flog auf.

 

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