Vehlix auf Mission

Beim Liga-Auftakt trifft Magaths Nachfolger Veh mit Meister Wolfsburg auf seinen Ex-Verein VfB Stuttgart. Tatsächlich hat der Schwabe viel vom Erfolgscoach übernommen – sogar dessen Haus.
WOLFSBURG Vor kurzem hat Armin Veh gesagt, die Vorbereitungsspiele seien „alles Pillepalle“. Als vor zwei Wochen, nach dem verlorenen Test im Supercup gegen Werder Bremen, Schreckensszenarien verbreitet wurden, hat der neue Wolfsburg-Trainer nur gemeint: „Ich habe gelernt, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen.“ Wichtig ist dieser Freitag, das Auftaktspiel der 47. Bundesliga-Saison, in dem der Überraschungsmeister 2009 gleich auf Vehs alten Arbeitgeber VfB Stuttgart trifft (20.30 Uhr, ARD und Sky live).
Die Spielplangestalter sahen darin einen Reiz – und das hat viel mit Armin Veh (48) zu tun. Klein hat er vor fast 20 Jahren angefangen – in Augsburg, Fürth, Reutlingen und Rostock. Groß rausgekommen ist er als Meister 2007 mit dem VfB. Dann der Absturz: Veh wurde am 14. Spieltag der Vorsaison, nach einem 1:4 in Wolfsburg, entlassen.
Damals hätte er sich ein Engagement beim VfL nie träumen lassen. Nun hat er das VW-Gästehaus bezogen, jenes in dem sein Vorgänger, Meistermacher Felix Magath, wohnte. Vehs Frau wird nun häufiger in Wolfsburg als in Augsburg sein. Auch auf die geliebten Spaziergänge mit „George“, seinem Retriever, muss er nicht verzichten: „Der Hund ist mitgekommen.“
Veh wirkt gelassener, gereifter. Dies schreibt er weniger der achtmonatigen Auszeit zu, sondern den gewonnenen Erfahrungen. „Ich weiß, was nach einer überraschenden Meisterschaft kommen kann; man kann jetzt ein paar Dinge anders machen“, sagt der Fußballlehrer, wohl wissend, dass erhöhte Belastungen, gestiegene Gehälter und gehobene Ansprüche einen Nährboden für Neid und Missgunst im Team bilden können.
Veh: "Ich habe alles von der Pike auf gelernt"
Auch deshalb war es Veh in der Autostadt ein erstes Anliegen, die Leistungsträger kollektiv mit besseren Kontrakten auszustatten: Josué, Sascha Riether, schließlich nacheinander Grafite, Edin Dzeko und zuletzt Zvjezdan Misimovic. Christian Gentner und Diego Benaglio sollen folgen. Dank Magath-Freund und VW-Boss Martin Winterkorn setzt der VfL Mittel frei, die andere Klubs nicht haben.
Genau wie Magath hat Veh eine ganze Schar Vertrauter um sich herum installiert: das Trainerteam Alfons Higl, Achim Sarstedt, Günter Kern und Wolfhard Savoy auf dem Platz, Teammanager Frank Aehlig außerhalb. Der Coach hat nicht nur Magaths früheres Haus übernommen, sondern auch dessen Machtfülle. Aus dem Schwaben, der sich so gerne vom Vorgänger abgrenzt, wird quasi Vehlix.
Und vor ihm liegt eine schwere Mission, „Das macht aber doch gerade den Reiz aus“, sagt Veh, „ich kenne keinen, der ernsthaft von uns den Titel erwartet. Ich glaube auch nicht, dass Felix Magath, wenn er dageblieben wäre, die Titelverteidigung als Saisonziel ausgegeben hätte.“ Aber ein Platz unter den ersten Fünf erwartet auch Veh.
Fast 20 Millionen Euro hat der VfL für die Mittelfeldspieler Thomas Kahlenberg und Karim Ziani sowie Stürmer Obafemi Martins ausgegeben, dazu ist nun auch der Kader im Gehaltsvolumen sündhaft teuer. Veh schreckt derlei Zusatzverantwortung nicht, im Gegenteil: „In habe alles von der Pike auf gelernt. Ich war doch früher schon gleichzeitig Betreuer, Hausmeister oder Manager.“ Auch ist Veh schlau genug, die meisterlichen Mannschaftsstrukturen nicht aus Aktionismus zu zerstören.
In der Startaufstellung gegen Stuttgart werden aller Voraussicht zehn Profis seines Vorgängers stehen und exakt dasselbe System gespielt. „Die Spieler sind dafür prädestiniert“, sagt Veh. Etwas hat sich für sie dennoch geändert. „Das Training war nicht so hart“, sagt Edin Dzeko, „aber im Spiel sind wir noch genauso gut.“
Frank Hellmann