Unter falscher Flagge: Wenn sich ein Spieler gegen sein Geburtsland entscheidet

Auch in Brasilien spielen wieder zahlreiche Profis für ein Land, in dem sie nicht geboren wurden. Die Gründe dafür sind unterschiedlich.
SID |
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Frankfurt/Main - Von diesem vielleicht einmaligen Erlebnis hatten die brasilianischen Ballkünstler Eduardo da Silva und Sammir ihr Leben lang geträumt. Die Fußball-WM im eigenen Land, das Eröffnungsspiel in der schmucken Arena de Sao Paulo, 68.000 enthusiastische Fans – und beide mittendrin statt nur dabei. Einfach traumhaft! Oder etwa nicht?

Wohl nur bedingt, denn die Sache hat einen Haken: Wenn am 12. Juni (22.00 Uhr MESZ/17.00 Uhr OZ) mit der Begegnung zwischen Gastgeber Brasilien und Kroatien der Startschuss für die riesige Fußball-Fete fällt, spielen Eduardo da Silva und Sammir nicht für, sondern gegen ihr Heimatland. Unter falscher Flagge, sozusagen, wollen sie dann mit dem kroatischen Team zum Partyschreck werden.

"Es ist natürlich noch zu früh, um darüber nachzudenken, wie ich ein Tor feiern würde", sagte der in Rio de Janeiro geborene Eduardo da Silva, "ziemlich sicher aber wie immer mit den Teamkollegen." Und mit seiner Familie, die dem 31 Jahre alte Stürmer über Landesgrenzen hinweg zujubeln wird. "Ich bin nicht nervös. Sobald das Spiel beginnt, wird die Sache leichter", sagte er.

Eduardo da Silva und Sammir gehören wie der ebenfalls in Brasilien geborene "Spanier" Diego Costa zu jenen Spielern, die keinerlei Blutsverbindung zu dem Land aufweisen, das sie in Südamerika vertreten. Die Akteure waren im Laufe ihrer Profikarriere zu einem ausländischen Verein gewechselt, wurden dort sesshaft und entschieden sich auch mangels Chancen in der eigenen Nationalmannschaft für die Einbürgerung.

Vor allem Sammir, 27 Jahre alt und mittlerweile in Diensten des spanischen Erstligisten FC Getafe, hatte nach dem Trikottausch mit erheblichen Problemen zu kämpfen. "Wir sind doch eine Nationalmannschaft und kein Klub, bei dem jeder spielen kann", soll ihm von kroatischen Fans immer wieder vorgeworfen worden sein. Trauriger Tiefpunkt seiner bisherigen Karriere im Team des kroatischen Nationaltrainers Niko Kovac, übrigens in Berlin geboren, war das WM-Qualifikationsspiel vor ziemlich genau einem Jahr gegen Schottland. Sammir wurde nach einer vergebenen Chance ausgepfiffen, floh nach sieben Jahren bei Dinamo Zagreb nach Spanien.

Deutlich weniger Gegenwind erfährt da eine andere Gruppe von "Ausländern": Der Argentinier Gonzalo Higuain beispielsweise wurde im französischen Brest geboren, kickt aber für das Heimatland seiner Eltern. Vor allem in den Nationalteams ehemaliger französischer Kolonien ist es üblich, dass die Spieler in Frankreich das Licht der Welt erblickt hatten und sich dann für das Land eines oder beider Elternteile entschieden.

Aber auch der deutsche Fußball kennt ähnliche Fälle. Die kamerunischen Nationalspieler Joel Matip (in Bochum geboren) oder Eric Maxim Choupo-Moting (Hamburg) gehören dazu, ebenso der Grieche Josè Holebas (Aschaffenburg).

Die gleiche Erfahrung wie Eduardo da Silva und Sammir – sprich ein WM-Duell mit dem Geburtsland – werden in Brasilien auch Timothy Chandler, Jermaine Jones und Kevin-Prince Boateng machen. Chandler und Jones (beide Frankfurt/Main) treffen mit den USA ebenso wie Boateng (Berlin) in Gruppe G in der Vorrunde auf Deutschland.

"Da ich sowohl ghanaische als auch deutsche Wurzeln habe, ist dieses Spiel sehr wichtig für mich", sagte Boateng, für den es dann sogar gegen den eigenen Bruder Jerome geht: "Ihm auf solch einer Ebene zu begegnen, ist natürlich etwas Besonderes für mich."

 

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