Trauer, Tränen, Tragik: Deutsche Fans nach EM-Aus
Des einen Freud ist des anderen Leid: Während 2000 Italiener auf der Leopoldstraße in München feiern, trauern 20.000 Deutschland-Fans. Auch andernorts ist die Stimmung nach dem EM-Aus mies.
Berlin - Der Traum vom EM-Finale ist zerplatzt – die Fans sind traurig: Hunderttausende Fußballbegeisterte haben am Donnerstagabend bundesweit auf Public-Viewing-Partys der DFB-Elf im Spiel gegen Italien vergeblich die Daumen gedrückt. Deutschland wird kein Europameister.
Die Begegnung hatte viele Fußballanhänger in ihren Bann gezogen, allein auf der größten Fanmeile am Brandenburger Tor in Berlin gab es mit knapp 500.000 Zuschauern einen Besucherrekord, wie eine Sprecherin des Veranstalters auf dapd-Anfrage sagte. Für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft endete das Spiel im Warschau mit einer 1:2 Niederlage. Das Endspiel bestreiten damit am Sonntag in Kiew Titelverteidiger Spanien und Italien.
Neben der Berliner Fanmeile auf der Straße des 17. Juni kamen auch in anderen Städten mehr Zuschauer zu Public-Viewing-Partys als bei den vorigen Spielen der Europameisterschaft. In Hamburg sahen 65.000 Fußballfans auf dem Heiligengeistfeld unter freiem Himmel das Aus der deutschen Elf. In Frankfurt am Main strömten 34.000 Zuschauer in die Commerzbank-Arena, wie der Veranstalter mitteilte. In der Dortmunder Westfalenhalle verfolgten 8.500 Anhänger das Halbfinale gegen Italien.
Weitere 10.250 Zuschauer standen auf dem Friedensplatz im Zentrum der Ruhrmetropole, der bereits eine Stunde vor Spielbeginn wegen Überfüllung geschlossen worden war. In Köln standen dem Sprecher der Köln-Arena zufolge 14.500 Deutschland-Fans vor der Halle und sahen dort das Spiel auf einer Großleinwand. In Nürnberg und München kamen jeweils 30.000 Zuschauer zusammen. Bereits am Nachmittag waren viele Biergärten in Bayern, darunter der am Chinesischen Turm in München oder der Prüfeninger Schlossgarten in Regensburg, nach Betreiberangaben brechend voll.
In Dresden zog es mehr als 10.000 Anhänger an die Elbe, um unter freiem Himmel mit der deutschen Elf zu fiebern.
Nach dem Tor für Deutschland verebbte die Stimmung schnell
Nach dem einzigen Tor von Mesut Özil für Deutschland hallten Schreie 90 Sekunden lang ununterbrochen auf der Berliner Fanmeile in den Berliner Nachthimmel. Die Freude währte nur kurz: Mit dem Abpfiff verebbte die Euphorie schnell. „Neeeein“, rief eine junge Frau noch in Richtung Großleinwand, dann drehte sie sich um und ging. „Die Stimmung ist nicht die Beste“, sagte ein Berliner Polizeisprecher direkt nach dem Spiel. Die Fans seien sehr traurig. „Wir befürchten, dass die Enttäuschung in Aggression umschlagen könnte.“
Erfahrungsgemäß komme bei vielen enttäuschten Fußballfans Alkohol ins Spiel. Die Polizei zählte bis zum Spielende 35 Vorfälle rund um die Fanmeile – sie rechnete jedoch mit weiteren Zwischenfällen. Stunden nach dem Spiel sei die Lage aber ruhig gewesen, sagte eine Sprecherin in der Nacht zu Freitag. Auch in Hamburg gab es zunächst keine größeren Zwischenfälle.
Kein harmonischer Fußballabend
In Köln dagegen kochte die Stimmung. „Es ging hoch her“, sagte ein Polizeisprecher. Es habe eine „ganze Menge“ an Körperverletzungen während des Spiels gegeben. „Es war kein harmonischer Fußballabend“, fügte er hinzu. Eine Zahl der Zwischenfälle konnte er zunächst nicht nennen.
Ein anderes Bild bot sich nach dem Spiel in der bayerischen Landeshauptstadt. Die traditionelle Münchner Feier-Meile zwischen Siegestor und Münchner Freiheit wurde für den Straßenverkehr gesperrt, die italienischen Fußballfans feierten ausgelassen. Rund 2.000 Anhänger versammelten sich auf der Münchner Leopoldstraße. „20.000 Deutsche feiern auch noch dort, beziehungsweise trauern“, fügte der Polizeisprecher hinzu.