Stolz wie Oscar: Uruguay verzaubert von seiner Elf
MONTEVIDEO - Trotz der Niederlage gegen Deutschland: In der Hauptstadt Montevideo feierten die Menschen auf den Straßen, Trainer Tabárez rief Uruguay zur «Weltmacht im Fußball» aus, doch seine eigene Zukunft ließ der stolze Oscar weiter offen.
Nach dem 2:3 gegen Deutschland im packenden und stimmungsvollen kleinen Finale der Fußball-WM in Südafrika mochte der Pädagoge lieber über den Lernprozess seiner Überraschungsmannschaft sprechen. Wie bei Bundestrainer Joachim Löw ist nicht sicher, ob Tabárez weitermacht.
«Uruguay hat eine fantastische WM gespielt und ich hoffe, dass es der Anfang einer Entwicklung ist», sagte der 63-Jährige und pries seine Elf: «Wir haben Fußball auf allerhöchstem Niveau gezeigt.»
Auch in der Partie gegen die DFB-Elf war die Handschrift des Trainers deutlich zu erkennen. Zu keinem Zeitpunkt gaben Diego Forlán & Co. das Spiel verloren. Sie lagen 0:1 zurück, schafften den Ausgleich, gingen in Führung und hatten in der Nachspielzeit Pech, dass Forlán beim Stand von 2:3 einen Freistoß an die Latte knallte.
Tabérez hat aus der früheren Fußballgröße Uruguay wieder ein Team geformt, das nicht durch unschönes Spiel oder Treterei aufgefallen ist, sondern durch harmonisches und kompaktes Auftreten. Dazu kommt die überragende Offensive mit dem fünffachen WM-Torschützen Forlán und dem gegen Deutschland zurückgekehrten Rotsünder Luis Suárez.
Die Pfiffe gegen den jungen Angreifer fand Tabárez unfair, ansonsten wollte sich der Trainer mit dem gescheitelten Silberhaar aber nicht länger mit Vergangenem beschäftigen. «Wir haben eine Duftmarke gesetzt und werden diese Mannschaft weiterentwickeln. Wir sind wieder eine Weltmacht im Fußball», sagte der frühere Lehrer. Das war im Gefühl der beeindruckenden WM-Mission dann allerdings doch leicht übertrieben: Um auf Dauer zu den Großen zu gehören, braucht Uruguay einen besseren Torwart als es Fernando Muslera gegen die Deutschen war. Und wie lange der 31 Jahre alte Forlán noch den Alleskönner im Angriffsspiel mimt, ist fraglich. 2014 in Brasilien wäre er 35.
«Uruguay ohne ihn ist fast nicht vorstellbar. Es kommt darauf an, was er will. Körperlich wird ihn nichts stoppen», sagte sein Trainer. Bleibt nur noch die Frage, was Tabárez will. Mit seinem eloquenten Auftreten, seinem feinen Sinn für Humor und seinen profunden Spielanalysen hat er nicht nur die Himmelblauen wiederbelebt, er hat sich auch für andere Verbände oder Vereine interessant gemacht.
«Heute läuft mein Vertrag aus», sagte er und nahm erneut seinen Verband in die Pflicht. «Wir haben fast das Finale erreicht. Das ist ein Höhepunkt in meiner Trainertätigkeit. Es gäbe jetzt verschiedene Gründe, ja oder nein zu sagen. Aber es ist jetzt nicht der richtige Moment, Entscheidungen zu treffen. Wir müssen abwarten, ob der Verband mir ein weiteres Angebot unterbreitet.» Mit einem geschätzten Monatsgehalt von 25 000 US-Dollar (knapp 20 000 Euro) fühlt sich Tabárez angeblich unterbezahlt und wird wohl nur bei entsprechend angemessener Aufstockung der Bezüge seine Arbeit fortsetzen.
Uruguay-müde wirkte der erfolgreiche Entwicklungshelfer jedenfalls nicht, als er sagte: «Wir können es mit jeder Mannschaft aufnehmen. Wir können vielleicht mal den ganz großen Coup schaffen.»