Spitzenreiter Wolfsburg: Magaths Märchen

Wolfsburg gewinnt mit Glück und der Hilfe des Schiedsrichters das 10. Spiel in Serie. Der Trainer will trotzdem auf den FC Bayern als Meister wetten.
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Trainer Felix Magath will von der Meisterschaft immer noch nichts wissen.
Bongarts/Getty Images Trainer Felix Magath will von der Meisterschaft immer noch nichts wissen.

Wolfsburg gewinnt mit Glück und der Hilfe des Schiedsrichters das 10. Spiel in Serie. Der Trainer will trotzdem auf den FC Bayern als Meister wetten.

WOLFSBURG Grafite sieht an diesem Abend aus wie ein Glücksritter. Enges T-Shirt, zwei schwere Ketten. Silbrig, mit riesigem Anhänger, dazu eine sündhaft teure Uhr. Er hatte ja auch zuvor wie ein Glücksritter gespielt. Und lieber mal nicht zugegeben, dass er für seine zwei Tore zum 2:1 gegen Leverkusen Fortunas Hilfe benötigte.

Hinter der Glücksgöttin stand der Doktor der Allgemeinmedizin Jochen Drees aus Münster-Sarmsheim. Der Schiedsrichter schenkte dem Brasilianer einen Elfmeter, den der 30-Jährige zu seinem 21. Saisontor nutzte (23.). Das 22. folgte kurz vor Schluss regelgerecht, es hätte allerdings in der letzten Minute noch ein Elfmeter auf der Gegenseite geben müssen, wenn nicht Referee Drees ein Handspiel von Jan Simunek übersehen hätte.

Felix Magath passten diese zwei Fehlentscheidungen in den Kram: Zum einen hechelt sein alter Arbeitgeber, der FC Bayern, den Wölfen weiter hinterher, zum anderen kann er weiter von erhobener Position seine Überflieger zurechtstutzen. „Die Komponente Glück hat den Ausschlag gegeben", erklärte Magath, „meiner Mannschaft merkt man an, dass sie nicht gewohnt ist, an der Spitze zu stehen."

Auch zehn Siege in Serie würden keine meisterlichen Gelüste rechtfertigen. Magath jagt seinen eigenen Rekord: Mit Bayern hat er zwischen März und September 2005 sogar 15 Spiele in Serie gewonnen. Trotzdem beteuert er: „Bayern wird Meister: Ein 1:0 ist das, was sie auszeichnet: Das Ergebnis zu erzielen, das sie brauchen. Sie kommen nicht in Schwierigkeiten wie wir", beteuerte Magath: Und: „Wenn der DFB es erlauben würde, würde ich Geld auf den FC Bayern setzen."

DFB-Sportdirektor Matthias Sammer kritisierte bei „Premiere“, Magaths Understatement: „Einerseits wird die Leistung vom Trainer realistisch eingeschätzt. Andererseits könnte eine Disbalance entstehen, wenn man die Meisterschaft immer ein Stück weit wegdrückt. Ich bin gespannt, wann der Großangriff kommt, auch verbal. Vielleicht kommt er auch nicht, oder erst nach dem 33. Spieltag. Das ist ein Tanz auf der Rasierklinge. Man muss auch sehen, dass man die Spieler emotional packt."

Dabei sind Magaths Aussagen als Ablenkungsmanöver enttarnt; intern redet der gebürtige Aschaffenburger ganz anders. Marcel Schäfer, Magaths Lieblingsschüler mit denselben mainfränkischen Wurzeln wie der Mentor, entgegnet: „Ich finde nicht, dass wir zu Unrecht da oben stehen." Und auch der gebürtige Münchner Misimovic findet, "dass die Tabelle sehr gut aussieht, wir dürfen das Glück nur nicht überstrapazieren."

Aber tun die Wölfe das wirklich? Es ist verblüffend, wie selbstverständlich das VfL-Ensemble in der Schlussphase einen Gang hoch schalten und damit das Glück erzwingen kann. Das VfL-Ensemble mit dem Vorbild des VW Käfer: Es läuft und läuft und läuft. Doch verbal dreht der Fahrer den Motor ab. Magath: „Meine Mannschaft ist noch jung, ihr fehlt die Erfahrung. Wir werden uns weiter schwer tun."

Magaths Märchen: Nach der pessimistischen Prophezeihung grinste er sich einen und goss sich aus der Thermoskanne einen neuen Tee ein. Da führt einer die Konkurrenz am Nasenring durch die Manege.

Und was antwortet er seinem Kritiker Matthias Sammer, der im Umfeld des FC Bayern als Klinsmann-Nachfolger ins Gespräch gebracht wird und der für mehr Euphorie beim Tabellenführer plädiert? „Das kann er ja gerne so machen, wenn er mal wieder eine Mannschaft trainiert.“

Frank Hellmann

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