Serbien am Boden: "Schlüsselspiel" gegenDFB-Elf
PRETORIA - Pretoria (dpa) - Nach seinem verhängnisvollen Handspiel kämpfte der Stuttgarter Zdravko Kuzmanovic schon auf dem Platz mit den Tränen. Der «Blackout» des Elfmeter-Tolpatsches hatte den deutschen Gruppengegner Serbien beim 0:1 gegen Ghana um ein Erfolgserlebnis gebracht.
Zudem hat er den ohnehin schon großen Druck vor dem Spiel gegen die scheinbar übermächtige DFB-Auswahl um ein Vielfaches erhöht. «Das ist eine schwierige Situation, aber jetzt müssen wir eben gegen Deutschland gewinnen», sagte der eingewechselte Pechvogel der Serben. Wohlwissend, dass eine Vorstellung wie gegen die Afrikaner gegen die deutsche Torfabrik reichen dürfte.
Die abendliche Demonstration der DFB-Elf beim 4:0 gegen Australien dürfte noch als Angstverstärker gewirkt haben. Am 18. Juni müssen die «Weißen Adler» unbedingt gegen die Löw-Buben punkten, um nicht wie vor vier Jahren wieder wie gerupfte Hühner dazustehen. Ein Horror-Ende wie 2006 beim «Sommermärchen» 2006 droht.
Vor vier Jahren verlor Serbien-Montenegro zum Auftakt der WM in Deutschland 0:1 gegen die Niederlande - es folgten eine 0:6-Vorführung gegen Argentinien und ein 2:3 gegen die Elfenbeinküste. «Das wird gegen Deutschland nicht wieder passieren», sagte Kapitän Dejan Stankovic von Champions-League-Sieger Inter Mailand. «Es bleibt uns nichts anderes übrig, als aufzustehen und gegen Deutschland deutlich besser zu spielen.»
Erst einmal aber ist es nicht viel mehr als eine Durchhalte-Parole der gegen Ghana mutlosen und behäbigen Serben. «Wir müssen uns jetzt auf das nächste Spiel gegen Deutschland konzentrieren. Es sind noch sechs Punkte zu holen», meinte der ehemalige Bundesliga-Profi Marko Pantelic, der gegen die überlegenen Westafrikaner anders als der Kevin-Prince Boateng auf der Gegenseite blass geblieben war. Dabei hatten sich die Serben bei ihrem ersten WM-Auftritt als eigenständige Nation so viel vorgenommen und vollmundig schon vom Achtelfinale gesprochen. Bis Kuzmanovic 22 Minuten nach seiner Einwechslung im Strafraum mit der Hand an den Ball griff - Asamoah Gyan verwandelte den Elfmeter und stürzte die sonst so stolzen Serben in Selbstzweifel.
Die tröstenden Gesten und die aufmunternden Worte seiner Mannschaftskameraden erreichten Kuzmanovic erst später. «Ich denke und hoffe, dass ihn das stärker machen wird», sagte der Dortmunder Bundesliga-Kollege Neven Subotic nach der serbischen Ernüchterung. «Gegen Deutschland steht nun das allerallerwichtigste Spiel an, das wird ein Schlüsselspiel.»
Serbiens Trainer Radomir Antic dagegen wird in den Tagen vor dem Deutschland-Duell als Psychologe und Taktikfuchs gefragt sein. Der 61-Jährige nahm die Verantwortung für die schlechte Leistung indirekt auf sich («Wir haben gedacht, dass wir mit einem ruhigen Spielaufbau zum Erfolg kommen könnten. Allerdings waren wir zu nervös.») und kündigte für die Partie gegen Lahm & Co. in Port Elizabeth Veränderungen an: «Diese Niederlage zwingt uns für die restlichen beide Spiele ein anderes Verhalten auf. Wir müssen die Punkte holen.»
Während die Serben nun unter gewaltigem Druck stehen, überschlugen sich die afrikanischen Zeitungen am Tag danach: «Die 'Black Stars' sind die Schrittmacher unseres Kontinents», brachte es die nigerianische Zeitung «Next» auf den Punkt. «Die Hoffnung ist wieder geboren mit den Black Stars aus Ghana, die gestern am Himmel über Pretoria schienen», schrieb «Sud online» aus dem Senegal.