Schalkes Krise heißt Metzelder
Nach der zweiten Pleite im zweiten Spiel machen die Fans den Ex-Dortmunder zum Sündenbock. Und auch Trainer Magath attackiert seinen Abwehrchef. „Das ist nicht leicht für mich.“
GELSENKIRCHEN Er ergriff die Flucht. Nur noch schnell weg vom Ort der Blamage wollte Christoph Metzelder. „Nein, ich sag’ heute nichts", murmelte der neue Schalker Abwehrchef den Reportern zu. „Ja, das war nicht gut", sagte er kurz noch den Anhängern, die ihn bedrängten und wissen wollten.
Beim 1:2 daheim gegen Hannover, der zweiten Schalker Pleite im zweiten Spiel, war Metzelder kurz vor Abpfiff endgültig zum Sündenbock der Schalke-Fans geworden. Als der schon bei der Begrüßung ausgebuhte Ex-Nationalspieler einen gefährlichen Fehlpass zurück zu Manuel Neuer spielte, rastete der Anhang auf der Nordkurve aus, stimmte ein gellendes Pfeifkonzert an und beschimpfte Metzelder auf übelste Art.
Es ist der der schlechteste Saisonstart seit 1987/88. Auch vor 23 Jahren verlor Schalke zu Beginn gegen Hamburg und Hannover und stieg am Saisonende ab. Nichts passt mehr in Gelsenkirchen, wo Felix Magath sich mit allem und jedem anlegt, anders aber als letzte Saison (Platz 2) nun der Erfolg fehlt.
„Wir sind durch einen groben Fehler in Rückstand gekommen. Das 0:1 hat uns leider durcheinandergebracht", sagte der Trainer-Geschäftsführer-Vorstand – und übte überraschend harsche Einzelkritik: „Leider ist Christoph Metzelder völlig verunsichert gewesen. Das ist schade, wir hätten einen stabilen Abwehrchef gebraucht“, meinte Magath. Dafür hätte er den Innenverteidiger geholt, der bei den Fans wegen seiner langen Zeit beim Erzrivalen Dortmund abgelehnt wird und bei Real Madrid selten spielte. Für die Proteste der Fans zeigt Magath sogar Verständnis: „Die Pfiffe kann ich nachvollziehen. Christoph und ich waren uns einig, dass ihn nicht alle mit Beifall empfangen würden. Das ist eingetreten, das müssen wir, er und ich, jetzt durch." Als Psychologe, der seine Schützlinge wieder aufbaut, wird Magath allerdings nicht mehr Karriere machen, wenn man ihn so über Metzelder reden hört: „Er wurde geholt, um die Abwehr zu stabilisieren. Das funktioniert momentan nicht. Er hat keine gute Phase. Was ihn so verunsichert, weiß er vielleicht selbst nicht.“
Metzelder widersprach am Sonntag nur vorsichtig: „Völlig verunsichert bin ich nicht. Aber jeder kann sich vorstellen, dass das alles auch nicht leicht für mich ist.“ Immerhin zeigt er sich als Teamplayer: „Für meine Mannschaftskollegen ist das gar nicht so schlecht, dass sich die Kritik derzeit auf mich konzentriert. Ich muss das jetzt aushalten.“
Magath freilich hat noch einen weiteren Schuldigen ausgemacht: Stürmer Jefferson Farfan. Für den Peruaner hatte der Coach nur Spott übrig: „Er hatte einen schwarzen Tag – war wohl schon damit beschäftigt, dass er erstmals seit Monaten wieder für die Nationalelf eingeladen wurde." Und auch Raul, die neue Torjäger-Hoffnung, passte sich dem niedrigen Niveau an.
Für die Offensive sucht Magath weiter bis morgen nach Verstärkungen. Im Gespräch sind der Holländer Klaas-Jan Huntelaar von AC Mailand und Jose Manuel Jurado von Atletico Madrid. Und Magath ist erstmals froh über die anstehenden Länderspiel-Terminefroh „Gott sei Dank ist erstmal Pause."
Gregor Derichs