Robert Enke: Versagensängste seit der Jugend
HAMBURG - Jetzt spricht der Vater von Robert Enke über den Selbstmord seines Sohnes und dessen schwere Depressionen: „Eine ganz große Rolle hat die Angst gespielt.“
Robert Enke hat nach Schilderungen seines Vaters Dirk Enke schon als Jugendlicher unter Versagensängsten gelitten. Nachdem der Torwart im Jugendalter oft in höhere Altersklassen eingestuft worden war, sei es schon dabei „immer wieder zu Krisen“ gekommen, sagte der promovierte Psychotherapeut aus Jena dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. „Weil er Angst hatte, nicht mit den Älteren mithalten zu können. Er hat es sich nicht zugetraut. Er war in den eigenen Ansprüchen gefangen“, sagte Dirk Enke. Sein Sohn Robert hatte am vergangenen Dienstag Suizid begangen.
Wenn die Depressionen, deretwegen Robert Enke seit 2003 in Behandlung gewesen war, besonders stark waren, war der Torwart demnach kaum in der Lage, seinem Beruf als Fußballprofi nachzukommen. „In kritischen Phasen hatte Robert Angst, dass ein Ball auf sein Tor geschossen würde“, schilderte Dirk Enke. Sein Sohn habe Anfälle gehabt, „wollte nicht zum Training, konnte sich nicht vorstellen, im Tor zu stehen“. Robert sei so verzweifelt gewesen, dass er ihn einmal gefragt habe: „Sag mal, Papa, nimmst du mir das übel, wenn ich mit dem Fußball aufhöre? Ich sagte: Robert, das ist doch nicht das Wichtigste, um Gottes Willen“, so Dirk Enke.
Nach seinen Schilderungen belastete der Tod der herzkranken Tochter Lara Robert Enke mehr als bislang zu erkennen war. Sie war 2006 im Alter von nur zwei Jahren gestorben. Dirk Enke schilderte die schrecklichen Stunden. „Nach der Gehör-Operation kam Robert vom Spiel, fuhr in die Klinik, schläft abends neben der Kleinen alleine ein. Am nächsten Morgen wird er von dem Gerüttel und Geschüttel der Krankenschwestern wach, die die Kleine wiederbeleben wollen. Er lag daneben“.
Seinem Sohn sei als erstes durch den Kopf gegangen: „Ich habe das nicht mitgekriegt, ich bin daran schuld.“ Auch wenn das Krankenhauspersonal Robert Enke versichert habe, dass er den Tod nicht hätte verhindern können, habe er ganz lange gebraucht, um davon loszukommen. „Da kam nochmal ein Versagenserlebnis dazu“, meinte Dirk Enke.
Die Nicht-Berücksichtigung für die November-Länderspiele gegen Chile und die Elfenbeinküste durch Bundestrainer Joachim Löw hat nach Ansicht von Dirk Enke keine Rolle für den Selbstmord gespielt. „Ein wichtiges Anliegen ist mir, Herrn Löw von der Frage zu entlasten: Was wäre, wenn ich ihn nominiert hätte? Ich glaube, dass Robert das in Ordnung fand, weil er neun Wochen raus war“, sagte Dirk Enke.
dpa
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